Eine Handvoll Filme

Wie beim letzten Mal geht es hier wieder um fünf Filme, die ich in keiner anderen Kategorie bespreche, euch aber trotzdem meine Meinung nicht vorenthalten möchte. Vielleicht sind für euch ja auch ein paar Anregungen dabei, auch wenn die Kinos aktuell wieder schrittweise öffnen 😉

Whale Rider

Die Handlung: Paikea (Keisha Castle-Hughes) wächst bei ihren Großeltern auf, nachdem ihre Mutter und ihr Zwillingsbruder bei der Geburt starben und ihr Vater sich danach komplett von der Familie zurückzog. Da ihr Großvater der Häuptlings ihres Maori Stammes in Neuseeland ist, wächst sie zwischen Liebe und Abneigung auf, da sie als Mädchen niemals die Nachfolge antreten kann. Obwohl sie die Traditionen und Anforderungen am besten erfüllt, will ihr Großvater in einem Ausbildungscamp die anderen Jungs aus dem Dorf trainieren.

Meine Meinung: Whale Rider ist einer der ersten Filme, an die ich mich noch aktiv erinnere dafür im Kino gewesen zu sein. Es ist ein Film, der einem zum einen die Situation der Maori in Neuseeland gefangen zwischen Moderne und Tradition näher bringt, sich aber vor allem auf die zwischenmenschlichen Töne konzentriert. Mit Paikeas Kampf um Anerkennung ist es auch ein Film über Emanzipation. Man fiebert mit ihr, leidet mit ihn und versteht, was in ihr vorgeht. Dafür hilft es, dass Castle-Hughes schon in jungen Jahren versteht, die Emotionen ihrer Rolle durch ihre Mimik wiederzugeben. Die innere Zerissenheit zwischen ihrer bedingungslosen Liebe ihres Großvaters gegenüber und dem Schmerz, den sie durch seine ständige Zurückweisung erfährt, schwingt in jeder Emotion mit. Nicht umsonst wurde sie 2004 als damals jüngste Darstellerin für einen Oscar als beste Darstellerin nominiert. Als Zuschauer ist man ebenfalls hin und hergerissen zwischen der traurigen, aber doch hoffnungsvollen Geschichte, die sich wunderbar in Einklang mit der Umgebung bringen lässt. Neuseelands Landschaft ist rau und doch wunderschön.

Whale Rider ist bei keinem gängigen Anbieter in der Flatrate enthalten. Er kann bei iTunes geliehen werden.

Familie Willoughby

Die Handlung: Familie Willoughby, dass sind Vater und Mutter Willoughby, die einer einflussreichen Familie entstammen, und sich unsterblich lieben. Dadurch sind die Kinder Tim, Jane und die Zwillinge, beide mit Namen Barnaby, entstanden. Doch Vater und Mutter sind genervt von allem, was sie von ihrer Liebe zueinander ablenkt. Und so hungern die Kinder und verwahrlosen. Bis sie eines Tages keine Lust mehr haben und beschließen ihre Eltern auf eine Abenteuerreise zu schicken, von der sie hoffentlich nie wiederkommen, damit sie zu Waisen werden. Das sich daraus noch ganz andere Abenteuer entwickeln könnten, ahnen die Kinder nicht.

Meine Meinung: Familie Willoughby ist ein Film, an dessen Animationsstil man sich erst einmal gewöhnen muss. Dies gelingt jedoch schnell und man kann sich auf die Geschichte einlassen. Diese kommt auch mit einigen guten Ideen daher und nimmt – trotz kurzzeitiger Befürchtung einer etwas brutaleren Version – einen kinderfreundlichen Verlauf. Die Themen Kindervernachlässigung und Adoption werden hier im spielerischen Kontext behandelt und bekommen keine Tiefe, was aber auch der Grundstimmung entgegen wirken würde. Das Problem an der Handlung ist eher, dass die Macher zu viele gute Ideen hatten, aber keine für einen runden ganzen Film ausgereicht hätten. So fühlt sich die zusammengesetzte Handlung, die an sich zwar immer noch rund wirkt, aber doch stark episodenartig erzählt wurde. So gibt es eine Episode mit einem Baby, dann geht es um die Reise der Eltern, dann muss ein Hausverkauf verhindert werden, die Willoughbys bekommen eine Nanny und so weiter. Irgendwo ergibt das alles zwar eine Geschichte, aber eigentlich ist es eher eine Kurzgeschichtensammlung, die versucht wurde zu einer Gesamthandlung zu drehen. Hier hätte ich es schöner gefunden, sich auf einen Aspekt zu konzentrieren.

Familie Willoughby ist ein Netflix Original und bei diesem Streaming-Dienst zu sehen.

Emo – The Musical

Die Handlung: Ethan ist ein Emo. Doch an seiner Privatschule in Australien ist er damit alleine. Durch ständiges Mobbing beschließt er sich zu erhängen. Dies scheitert und er fliegt von der Schule. An seiner neuen staatlichen Schule wird er sofort von den Christen aufgenommen, doch als er entdeckt, dass es eine Emo-Rock-Band gibt, ist er Feuer und Flamme in dieser zu spielen. Doch er fühlt sich zu Trinity hingezogen, die jedoch sehr gläubig ist, weswegen sie nicht nur austesten müssen, wie sie zusammenpassen, sondern sich auch vor ihren jeweiligen Freunden verstecken müssen. Als dann auch noch beide Gruppen beim Rock-Bandcontest teilnehmen, herrscht erst richtig Chaos.

Meine Meinung: Ein Musical über Emos, die in einem Bandcontest gegen eine christliche Schulgruppe antritt? Klingt herrlisch schräg und genau nach einem Film für meine beste Freundin. Die war dann so begeistert, dass sie mich dazu zwang diesen Film mit ihr zu sehen. Ich war sehr skeptisch, zumal der Film keine deutsche Synchronisation hat. Es hat keine Woche gedauert, da musste ich den Film unbedingt meinem besten Freund zeigen, weil ich ihn absolut herrlich fand. Auch dieser war zunächst wenig begeistert von den Wörtern Emo, Musical und keine Synchronisation in einem Satz. Doch auch ihn konnte der Film absolut begeistern. Das liegt wohl vor allem daran, dass sich der Film an vielen Stellen selbst nicht so ganz ernst nimmt, an anderen dafür umso mehr. Es wird mit Vorurteilen und Klischees gespielt und diese durcheinander geworfen. Über viele Sachen kann man lachen, wenn jedoch ein Mitglied der Christengruppe aus einem Umerziehungscamp wiederkommt und sich noch immer bei jedem Gedanken an einen Jungen Elektroshocks verabreicht, dann ist das im ersten Moment zwar witzig, aber sobald der Gedanke gesackt ist, überlegt man, warum man eigentlich darüber lachen konnte. Und genau mit solchen Tabus spielt dieses Musical. Versteht mich nicht falsch, es ist an erster Stelle ein Feel-Good-Film mit vielen humorvollen Einlagen und einprägsamen Liedern. Doch im Hintergrund brodelt auch noch die richtige Botschaft.
Wer noch immer nicht überzeugt ist, den möchte ich darauf hinweisen, dass es ein Lied gibt, in dem überlegt wird, ob Jesus nicht vielleicht ein Emo gewesen wäre. Also gebt diesem Film durchaus eine Chance.

Emo – The Musical ist bei Netflix enthalten

Underwater

Die Handlung: Eine Forschungs- und Bohrstation auf dem Grund des Marianengrabens wird durch mehrere Erdbeben erschüttert und größtenteils zerstört. Nur eine kleine Gruppe Wissenschaftler überlebt und versucht über den Meeresboden zu einer anderen Sektion zu kommen, wo noch Rettungskapseln verfügbar sein sollen. Doch etwas ist durch die Erdbeben erwacht und macht nun Jagd auf die Crew.

Meine Meinung: Underwater trägt den Beititel „Es ist erwacht“ und das sagt so ziemlich alles über den Film. Mit nur einer kurzen Exposition wird der Zuschauer gleich in die Katastrophe geworfen. Charaktere werden mit wenigen kurzen Sätzen charakterisiert. Der dunkle Meeresboden und die Beengung durch das umgebende Wasser geben dem Film ohne großes Zutun eine bedrückende Atmosphäre, die allein schon für eine Menge Gruselfaktor sorgt, spielt sie doch mit unseren Urängsten. Hinzu kommen dann jedoch die Unterwasserwesen, die ebenfalls durch die Erdbeben aufgerüttelt wurden. Hier spielt Regisseur William Eubank mit dem sehr wenig Sehen und doch wissen, dass da etwas sein muss. Allein diese Voraussetzung hätte aus dem Film viel machen können. Leider bedient Eubank im darauffolgenden die üblichen Klischees, so dass man mögliche Tode der Charaktere in der exakten Reihenfolge voraussagen kann. So fehlt dem Film Tiefe bei den Charakteren, die so absolut austauschbar sind und es kein Trauern um sie gibt, und ein Alleinstellungsmerkmal, abgesehen vom Setting, das sich von anderen Filmen des Genres abhebt. So ist ein grundsolider Film herausgekommen, der aber relativ schnell wieder aus dem Gedächtnis gespült wird, was schade ist, da hier deutlich mehr möglich wäre.

Underwater ist bei Prime zum Kauf oder Leihen verfügbar. Nicht in der Flatrate enthalten

Everybody’s Fine

Die Handlung: Frank Goode (Robert deNiro) will nach dem Tod seiner Frau seine vier Kinder, die im ganzen Land verstreut wohnen, zu einer Grillparty einladen. Doch nach und nach sagen alle ab. Da Frank durch eine Lungenkrankheit nicht fliegen darf, beschließt er sie alle mit dem Zug zu besuchen, kündigt dies aber nicht an. Auf seiner Reise muss er feststellen, dass seine Kinder ihm wohl nicht immer die Wahrheit über ihre Lebensumstände erzählt haben.

Meine Meinung: Everybody’s Fine ist ein Film, wo man einige Zeit darauf warten muss, bis er klar macht, worauf er hinauswill. Doch sobald er den Punkt erreicht hat, wird es ein Familiendrama, das mit wenig Worten auskommt, und doch tief unter die Haut geht. Wir haben einen sympathischen Familienvater, der noch um seine frisch verstorbene Frau trauert und sich auf einmal ganz alleine in einem großen Haus wiederfindet. Seine Kinder lieben ihn, es fiel ihnen aber immer leichter mit ihrer Mutter über die Probleme zu sprechen und erzählten dem Vater lieber nur die guten Sachen. Im Laufe des Films fallen einem viele kleine Dinge auf, die daraufhin deuten, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Am Ende werden diese Dinge natürlich noch einmal für den abgelenkten Zuschauer aufgezählt, falls man sie übersehen hat. Einige waren sehr deutlich, andere jedoch auch sehr subtil, so dass die Zusammenfassung gar nicht schlecht war. So harmonisiert sich ein schönes Familiendrama zusammen, ruhig erzählt und geht doch sehr tief.

Everybody’s Fine ist bei Prime zum Kauf und Leihen verfügbar. Nicht in der Flatrate enthalten.

10 Gedanken zu „Eine Handvoll Filme

  1. Everybody‘s Fine hatte ich auf dem alten Blog glaube ich mal als streng geheimen Filmtipp vorgestellt. Der ist mir jedenfalls sehr positiv in Erinnerung geblieben

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      • Ja ich habe ganz viel Zeug gelöscht. Im Grunde ist nur noch das übrig, das ich bei einem hypothetischen Comeback wirklich drauf haben will. Nicht zu fassen wie viel Schrott ich über die Jahre gesammelt hab 😉

        Egal. Schön zu sehen, dass jemand meinen Tipps folgt 😂

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  2. Pingback: Mein Jahresrückblick 2020 – #3 – Heimkino | ShalimasFilmweltenKritik

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