Ein Vorwort
Bereits 2016 brachte Clint Eastwood mit Sully einen Film über einen Helden in die Kinos, auf den kurz darauf die Hetzjagd beginnt. Während Sully das abstürzende Flugzeug im Hudson landete und hinterher beweisen musste, dass er nicht zu einem der anderen Flughäfen hätte fliegen können, wird das Thema in Der Fall Richard Jewell noch einmal wesentlich präsenter, wird der vermeintliche Held doch sowohl vom FBI als auch von den Medien denunziert. Wie Eastwood diese Thematik aufgearbeitet hat, erfahrt ihr in meiner Kritik.
Die Handlung
Richard Jewell (Paul Walter Hauser) möchte unbedingt Polizist werden. Doch seine Karriere verläuft nicht wie geplant und er hält sich mit kleinen Sicherheitsdiensten über Wasser. So auch am 27.07.1996 Centennial Olympic Park in Atlanta, wo Feierlichkeiten rund um die olympischen Spiele stattfanden. Dort entdeckt er einen alleinstehenden Rucksack. Der stets penibel auf die Vorschriften pochende Jewell nervt solange alle, bis das Bombenentschärfungsteam anrückt. Und tatsächlich konnte so zwar nicht die Detonation, aber zumindest der größte Schaden verhindert werden. Jewell wird zum Held. Zumindest so lange bis sich das FBI auf ihn als Hauptverdächtigen einschießt und diese Information an die Presse durchsickert. Jewell wird vom Helden zum vermeintlichen Täter.
Meine Meinung
Der Fall Richards Jewell hat eine Lauflänge von 129 Minuten. In dieser Zeit schafft Eastwood es sowohl einen kurzen Überblick über Jewells Vorgeschichte zu liefern, um so den Charakter schnell aufzubauen, dann die Geschehnisse am 27.07.1996 zu schildern, Jewell danach die paar Tage Ruhm zu gönnen und dann die Hetzjagd von FBI und Medien darzustellen. Und auch wenn das viel Material ist, wirkt der Film nie gehetzt, sondern nimmt sich genug Zeit. Lediglich die Vorgeschichte wird mit ein paar wenigen Szenen abgespeist, was aber dem weiteren Film auch eher nützt, weil beim Zuschauer lange die Frage bleibt, ob er doch zu so einer Tat fähig wäre.
Eastwood inszeniert den Film geschickt so, dass eigentlich von Anfang an ziemlich klar ist, dass Jewell den Anschlag nicht verübt hat. Dennoch bleibt die Geschichte rund um die Ermittlungen des FBI sehr spannend, da diese teilweise berechtigte Zweifel an Jewells Geschichte haben, bzw. auch die unberechtigten irgendwo vielleicht bewiesen werden können. Doch vor allem der Einfluss der Medien ist das erschreckende am Film. Durch den Fehler eines Mitarbeiters beim FBI gelangt Jewell ins Visier der Medien. Haben sie ihn vorher noch als Held gefeiert, wird plötzlich eine Hetzjagd auf ihn gestartet.
Interessant ist auch die Entwicklung von Jewells Charakter. Für ihn sind jegliche Autoritäten mit Respekt zu behandeln und so ist er zu den ermittelnden FBI Agenten eigentlich viel zu nett. Dennoch bekommt er am Ende noch den Mut sich zu wehren. Während Hauptdarsteller Paul Walter Hauser den Film gut trägt und Jewell gut porträtiert, sind es doch vor allem die NebendarstellerInnen, die den Film in eine sehr gute Richtung drängen. Hier haben wir zum einen John Hamm als FBI Agent Tom Shaw, der sich regelrecht auf Jewell einschießt und keine andere Theorie mehr zulässt, dann Sam Rockwell als Anwalt, der seine kleine Kanzlei kaum am Laufen hält und doch immer wieder wichtige Ratschläge für Jewell hat. Kathy Bates als Mutter erhielt für ihre Rolle eine Oscarnominierung, konnte sich jedoch nicht gegen Laura Dern (Marriage Story) durchsetzen. Olivia Wilde nimmt sich der Rolle der Kathy Scruggs, die Journalistin, die als erstes von den Vorwürfen gegen Jewell berichtete, an. Dies ist auch die Rolle, die im Vorfeld und Nachgang am heftigsten diskutiert wird. Denn Scruggs wird im Film als sensationsgeil dargestellt und dass sie für Informationen sogar Sex anbiete. Da die Journalisten bereits verstorben ist, kann sie sich selbst nicht mehr gegen die Vorwürfe stellen, aber ihre damaligen Chefs setzen sich dafür ein, dass vor dem Film nicht nur das berühmte „basiert auf wahren Begebenheiten“ eingeblendet wird, sondern auch der Hinweis, dass einzelne Aspekte dramaturgisch überspitzt wurden. Hier kommt wieder die Frage auf, wie weit geht dramaturgische Freiheit, wenn es um reale Personen geht? Aber ganz abgesehen davon liefert Wilde eine gute Performance ab. Eastwood platziert aber grundsätzlich alle auf Seiten Jewells als „die Guten“ und alle gegen ihn als „die Bösen“. Hier wären vielleicht ein paar Grauabstufungen angebracht gewesen. Dies dürfte aber auch mit einer der wenigen Kritikpunkte sein, die es an dem ansonsten stark inszenierten Film gibt. Generell hätte der Film ein wenig kritischer an allen Stellen sein können, bleibt hier dafür aber stark am Hauptprotagonisten und lässt die Kritik eher unterschwellig einfließen.
Das Fazit
Der Fall Richard Jewell ist ein stark inszeniertes Drama über die Macht von FBI und Medien, bleibt aber an seinem Protagonisten und erzählt, wie es ihm damit erging. Mit starkem Cast und gutem Spannungsaufbau bleibt der Film durchgehend spannend. Dafür gibt es 07 von 10 möglichen Punkten.
Der Fall Richard Jewell läuft seit dem 25.06.2020 in den deutschen Kinos
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