Schneemann

Am 19.10.2017 erschien die Verfilmung des Bestsellers von Jo Nesbø in den deutschen Kinos.

Ein Vorwort

Jo Nesbø schreibt schon seit den 1990er Jahren erfolgreiche Krimis, vor allem um seinen Ermittler Harry Hole. Dabei geht es meistens sehr eisig zu, denn die Handlung lässt der Norweger Nesbø in Oslo und teilweise auch anderen Orten Norwegens spielen. Schneemann ist eigentlich der siebte Teil der Reihe um Harry Hole, wurde aber nun als erstes Werk verfilmt. Das ganze kann funktionieren, wenn man bedenkt, dass der Kinozuschauer nun die Vorinformationen zum Protagonisten fehlen.

Die Handlung

Mehrere Frauen werden ermordet aufgefunden oder als Vermisst gemeldet. Die Gemeinsamkeit ist ein Schneemann, der vor den jeweiligen Häusern gebaut wurde. Ermittler Harry Hole, der ganz nebenbei mit seinem Alkoholkonsum zu kämpfen hat, findet schnell Parallelen zu älteren Fällen, unter anderem in Bergen. Zur Seite steht ihm die frisch von Bergen nach Oslo versetzte Katrine Bratt. Verdächtige werden schnell gefunden, doch waren sie auch die Mörder?

Meine Meinung

Wie anfangs bereits erwähnt, handelt es sich bei Schneemann um den siebten Teil einer erfolgreichen Buchreihe. So ist Protagonist Harry Hole in den Büchern zu dem Zeitpunkt bereits entwickelt und vorgestellt. Leider wird auf dies im Film komplett verzichtet. Man bekommt einen Protagonisten, der augenscheinlich mit vielen inneren Problemen kämpft, aber worum es sich genau handelt, erfährt der Zuschauer nicht. Hinweise gibt es nur immer wieder durch ausufernden Alkoholkonsums gepaart mit einer sehr lockeren Auslegung der Arbeitszeiten. Aber Hintergründe dazu fehlen komplett. So startet der Film mit einem Protagonisten, der die ganze Zeit nur oberflächlich und blass ist, weil auf ihn einfach nicht genauer eingegangen wird. Die Besetzung mit Michael Fassbender ist eigentlich ein guter Schachzug gewesen, vermag er es doch noch am meisten aus dem wortkargen Ermittler herauszuholen. Neben den beruflichen Aspekten Holes werden auch immer wieder private Einblicke gezeigt. Hier pflegt er noch eine Beziehung zu seiner Ex-Freundin Rakel mit ihrem Sohn,ø den er aber durch ständige Abwesenheit regelmäßig enttäuscht. Auch die Nebencharaktere werden als selbstverständlich gesehen und nicht genauer vorgestellt oder auf ihre Geschichten eingegangen. Sie sind halt einfach da.

Dies vermutete man noch nicht, als der Trailer herauskam. Denn hier zeigt sich Schneemann von seiner besten Seite und vereint gekonnt spannende Szenen und Dialoge, so dass der Zuschauer richtig Lust auf den Film bekam, was auch der gut gefüllte Kinosaal zeigte. Den Kinosaal hingegen verließen die Zuschauer gelangweilt oder total enttäuscht, je nachdem mit welchen Erwartungen in den Film gegangen wurde. Das liegt wohl daran, dass 80% der Szenen im Trailer im Endprodukt gar nicht auftauchten. Leider waren es genau diese, die auf den spannenden Krimi schließen ließen. Übrig bleibt ein Sammelsurium von verschiedenen Handlungssträngen, die nicht so genau durchdacht wurden, wirr übereinander liegen und zu keiner konsequenten Handlung führen. Da gibt es Rückblenden zu anderen Fällen, die dann auch einfach wieder beendet wurden, ohne den großen Zusammenhang herzustellen. Dann gibt es Morde und Vermisste, die auch schnell abgehandelt wurden, so dass man mit keinem der Opfer wirklich mitfühlte. Es werden Charaktere eingeführt, die zunächst wichtig erscheinen und um die viel Brimborium gemacht wird, nur um sie gegen Ende einfach zu vergessen. Sie waren halt da, mehr kann man letztendlich nicht dazu sagen. Am Ende bleiben mehr Fragen offen, als Rätsel gestellt wurden und beim Verlassen des Saals kommt zur Enttäuschung über das verschwendete Geld noch das Gefühl der Frustration dazu, weil man aus dem Film so viel mehr hätte machen können. Denn genug Zeit, um die Geschichte vollständig zu erzählen war da. Vor allem da genug total überflüssige Szenen gezeigt wurden, die dann auch noch künstlich ausgedehnt wurden. Hier wär weniger überflüssiges und dafür mehr Zusammenhänge sehr schön gewesen.

Als Endprodukt bleibt Schneemann durchgehend ein langweiliger Film. Selbst das große Finale kann die schläfrige Stimmung des Kinosaals nicht mehr heben. Durch die fehlende Nähe zu den Charakteren ist einem der Ausgang zu diesem Zeitpunkt sehr egal. Nicht einmal die norwegische Landschaft hebt die Stimmung, auch wenn sie gerne gezeigt wurde. Die Filmmusik bleibt ebenfalls hinter den Erwartungen zurück, passt sich aber dem Gesamtbild an. Am Ende gibt es einen Ermittler und einen Täter und von beiden weiß man nicht, warum und wieso sie so sind oder was genau ihre Hintergründe sind.

Fazit

Nicht ein zufriedenes Gesicht verließ den vollen Kinosaal, was sehr deutlich ausdrückt, wie sehr sich Schneemann verkalkuliert hat. Die einzig richtige Entscheidung war das Casting von Michael Fassbender, der jedoch auch nicht über die vielen Negativpunkte hinweg trösten kann. Vielleicht hätte man aus dem guten und spannenden Trailer einfach einen Kinofilm machen sollen, statt 80% der Szenen zu entfernen? Für diese Leistung gibt es 02 von 10 möglichen Punkten.

11 Gedanken zu „Schneemann

  1. Ganz so hart habe ich ihn dann nicht beurteilt (vielleicht weil ich unmittelbar davor Borg/McEnroe gesehen habe und mir Schneemann nach dieser Pleite tatsächlich wenigstens etwas spannungsvoller vorkam) aber trotzdem ist einfach Schade um den Film weil man ihm das vergeudete Potenzial so extrem anmerkt!

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      • Ja, ich eigentlich auch weil wie du ja richtig angemerkt hast war der Trailer einfach hervorragend und bot gerade so viel Spannung um einen richtig heiß auf den Film zu machen und dann verschenkt der Film nicht nur sein Potenzial sondern auch einige der besten Stellen im Trailer….war echt seeeehr Schade. Ich schreib eh auch gerade an meiner Rezension zu dem Film, da werde ich dann noch ein wenig genauer auf das Pro und Contra eingehen…

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