Enkel für Anfänger

Ein Vorwort

Trailer werden gemacht, um den Zuschauer zu zeigen, was ihm im gezeigten Film erwarten könnte und vor allem um die Lust am Kinobesuch für den Film anzuregen. Doch Trailer können auch tückisch sein. Entweder verraten sie schon viel zu viel, oder zeigen, gerade bei Komödien, bereits die besten Szenen vorab. Und manchmal teasern sie einen Film an, der eigentlich eine ganz andere Richtung einschlägt. Warum Enkel für Anfänger eigentlich gar keine Komödie ist, wie im Trailer angedeutet, als Drama aber doch funktioniert, erfahrt ihr in meiner Kritik.

Die Handlung

Karin (Maren Kroymann) ist ihrem Mann zu Liebe in Frührente gegangen und langweilt sich nun zu Hause zu Tode, zumal ihr Mann die versprochene Reise doch nicht antreten will. Als ihre Schwägerin Phillipa (Barbara Sukowa) sie überredet sich auch für „Enkeldienst“ anzumelden, bei dem einen ein Patenenkel zugeteilt wird, stimmt sie trotzig zu. Auf dem Weg trifft sie einen alten Bekannten Gerhard (Heiner Lauterbach), der eigentlich nur die Asche seines toten Hundes verstreuen will, den sie kurzerhand auch zum Enkeldienst anmeldet. Auf die drei Paten warten allerhand Zerstreuungen.

Meine Meinung

Wäre Enkel für Anfänger die Komödie, die der Trailer angedeutet hat, dann hätte der Film hinten und vorne nicht funktioniert. Die Witze sind dafür zu kurzlebig, werden nicht richtig ausgespielt und sind oftmals auch einfach sehr platt oder leben von Vorurteilen bzw. Klischees. Doch Regisseur Wolfgang Groos schafft es unter der Komödie ein Drama zu verstecken. Denn hinter jedem Paten steckt eine traurige Geschichte, mit der sie im Laufe des Filmes aufräumen müssen, ohne sich jedoch komplett zu wandeln.
So haben wir zum Beispiel Karin, die einen Großteil ihres Arbeitsleben sich auf die Rente gefreut hat, weil ihr Mann dann endlich mit ihr nach Neuseeland reisen wollte. Doch dieser ist eigentlich ganz glücklich in ihrem eingespielten Leben, baut lieber an seiner Modelleisenbahn rum und genießt die Ruhe. Außerdem sei Neuseeland viel zu teuer und vielleicht brauchen sie irgendwann mal einen Treppenlift. Gleichzeitig bereut Karin es, niemals Kinder bekommen zu haben.
Ihre Schwägerin Phillipa hingegen liebt das einfache Leben. Ihr Zuhause ist ein Bauwagen und sie geht gerne ganz locker mit den Kindern um. Erst nach und nach erfährt man, dass sie eine eigene Tochter und auch eine eigene Enkelin hat, aber der Kontakt abgebrochen ist. Mit dem Enkeldienst versucht sie die Lücke zu füllen.
Gerhard hingegen ist schwul und konnte daher nie Kinder bekommen, hatte aber auch nie Ambitionen dazu. Da sein Mann bereits gestorben ist, und nun ganz frisch auch sein Hund, fühlt er sich zunehmend einsamer. Zunächst ist er gar nicht glücklich Karin wieder über den Weg gelaufen zu sein und dann auch noch zum Patenenkel gedrängt wurde.
Enkel für Anfänger ist immer dann besonders stark, wenn er möglichst wenig sagt. Wenn er einfach nur auf die drei Paten hält und man ihnen die Einsamkeit in jeder Pore anmerkt und wie sehr sie die Enkel verändern, ohne das sie je ihre Persönlichkeit komplett wenden. Gerhard ist am Ende immer noch ein wenig miesepetrig, aber hat sich doch weiter entwickelt.
So sind es gerade die ungewöhnlichen Beziehungen zwischen Paten und Enkel, die den Film spannend machen. Eigentlich wartet man nur auf die große Katastrophe, da der Film doch sehr simpel nach dem gängigen Dramenaufbau konzipiert wurde. Doch entstehen auch zwischendurch immer wieder Situationen, die der Zuschauer erst einmal verdauen muss. Wenn Gerhard zum Beispiel als Pädophiler hingestellt und von der Polizei mitgenommen wird, dann ist das unfassbar erschreckend, zeigt aber leider auch irgendwo ein Stück Realität, versteckt hinter ein paar Witzen. Die Tragweite vieler kleiner Andeutungen wird dem Zuschauer wohl erst am Ende noch einmal richtig bewusst. So ist der Film eigentlich sehr intensiv, versucht sich aber doch immer noch hinter ein paar Witzen zu verstecken und erzeugt eine so doch grundsätzlich heitere Stimmung. Neben vielen sehr ernsten Ansätzen über Einsamkeit und überforderte Eltern, gibt es dann natürlich auch übertriebene Klischees. Gerade die Ökoeltern sind so übertrieben und überfürsorglich dargestellt, dass Themen, wie Bioernährung wieder heruntergespielt werden.

Das Fazit

Enkel für Anfänger ist ein gutes Drama, das sich hinter einer schlechten Komödie verbirgt. Grundsätzlich versucht er es mit guter Laune zu erzählen, schafft es aber gerade in den kleinen ernsten Momenten sich von der breiten Masse abzuheben. Dafür gibt es 07 von 10 möglichen Punkten.

Enkel für Anfänger läuft seit dem 06.02.2020 in den deutschen Kinos.

Ein Gedanke zu „Enkel für Anfänger

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