Meine große Aufräumaktion in dieser Kategorie läuft gut, immerhin bin ich nun bereit für die Filme aus 2019. Auch diese teile ich wieder in zwei Teile, womit hier 2019.1 kommt. Hier noch einmal die vorherigen Beiträge in der Übersicht: 2014/2015, 2016, 2017, 2018.1, 2018.2
2019:
1) Die Frau des Nobelpreisträgers
Joe Castleman erhält den Literaturnobelpreis. Zusammen mit seiner Frau Joan und seinem Sohn reist er nach Stockholm zur Übergabe. Während alle ganz begeistert von seiner Anwesenheit sind, wird Joan als Anhängsel abgestempelt, obwohl sie selbst Literatur studiert hat. Nach und nach versinkt sie in ihre Erinnerungen, als ihr klar gemacht wurde, dass Frauen in der Literaturbranche keine Chance haben. Dann taucht Nathaniel Bone auf, der ein großer Fan Joes ist und gerne dessen Biographie schreiben möchte, jedoch abgewiesen wird. Im Zuge seiner Recherche scheint er jedoch herausgefunden zu haben, dass Joan die Bücher eigentlich geschrieben habe und nur unter dem Namen ihres Mannes veröffentlicht. Ein Ehestreit nimmt seinen Lauf.
Während Glenn Close für ihre Darstellung der Joan Castleman noch einen Golden Globe gewinnen konnte, unterlag sie bei der Oscarverleihung Olivia Coleman und ihre Darstellung von Queen Anne in The Favourite. Dennoch leitet sie durch den gesamten Film. Hinter der sehr minimalistisch angelegten Mimik liegt so viel Bedeutung, die erst im fortschreitenden Film deutlich werden. Auch der ganze Film ist sehr ruhig angelegt, einzig durch Nathaniel Bones auftauchen, merkt man, dass etwas im argen ist. Und während man am Anfang noch vermutet, dass es bei Joan einfach die Verbitterung darüber ist, hinter dem Rampenlicht ihres Mannes zurückzubleiben, merkt man schnell, dass noch viel mehr dahinter steckt. Die Auflösung dessen lässt den Film noch einmal in einem ganz anderen Licht erscheinen und ist so auch gleich ein herausragendes Werk über die lange Unterdrückung der Frau.
2) Fahrenheit 11/9
Michael Moore ist zurück. In Fahrenheit 9/11 befasste er sich mit den Terroranschlägen vom 11.September 2001. Mit diesem 2004 erschienen Film sollte dieses Werk nicht verwechselt werden, auch wenn die Titel sehr ähnlich klingen. Denn am 09. November 2016 gewann Donald Trump die Präsidentschaftswahl der USA. Wie es dazu kommen konnte, will Moore nun untersuchen. Dafür stellt Moore einige wacklige Theorien auf. Letztlich konzentriert er sich darauf zu zeigen, wie sowohl Republikaner als auch Demokraten das Land immer wieder enttäuscht haben. So waren Dronenabschüsse unter Obama übrigens am höchsten. Dafür zeigt er erschreckende Bilder aus seiner Heimatstadt Flint, redet mit Beteiligtem am großen Schulstreik in West Virginia und den Schülern nach dem Parkland-Amoklauf. Aber auch politische Machenschaften will er aufdecken und erklärt seine Theorie, wie Hillary Clinton überhaupt die Kandidatin der Demoktraten werden konnte.
Bei Michael Moore muss man durchaus vorsichtig sein. Denn zwar spricht er auch diesmal wieder spannende Punkte an, doch hinterfragt er nichts kritisch, sondern stellt seine Überlegungen als Fakten hin. Während sein vorletzter Film Where to invade next seine Überlegungen durchaus auf humoristische Weise unterstrichen werden, fehlt diesem Film jeglicher Humor – wenn man mal von ein paar abstrusen Überlegungen absieht. So ist der Film in seiner Recherche nicht nur fragwürdig, sondern auch in weiten Teilen sehr langsam. Kein Wunder, dass das Einspielergebnis das niedrigste eines Moore Films ist.
3) Crawl
Haley erreicht ihren Vater nicht. Da dieser in Florida lebt und dort eine Hurrikanwarnung der Stufe 5 herausgegeben wurde, macht sie sich trotz Evakuierung der Region mit Straßensperren auf den Weg. Sie findet ihn verletzt unter ihrem Haus. doch beim Versuch ihn zu retten, macht die Bekanntschaft mit ein paar Alligatoren, sie sich ebenfalls im Keller eingenistet haben. Und sie Alligatoren sind hungrig.
Bei diesem Film ist es sehr wichtig, dass man alles, was man über das Verhalten von Alligatoren gelernt hat, vergisst. Denn er funktioniert wirklich nur, wenn man sie als Killermaschinen ansieht, die alles fressen wollen, was sich bewegt. Auch im weiteren kommt der Film nicht ohne ein paar Logiklöcher aus und einer starken Verharmlosung von Verletzungen – wenn ich meinen Arm in das Maul eines Alligators stecke, um ihn zu erstechen, dann ist mein Arm ab. AB! Im Film sind es jedoch nur ein paar kleine Zähneritzer. Aber wenn man über all dies hinwegsehen kann, dann bietet Crawl auf 88 Minuten Länge spannungsgeladenen Tierhorror vom feinsten. Denn trotz niedrigem Budget kann der Film sehr ansehliche Effekte bieten. Man verfolgt einen Überlebenskampf, der es in sich hat.
4) Late Night
Katherine Newbury ist eine erfolgreiche Moderatorin einer Late Night-Show. Doch ihre Einschaltquoten sinken und ihre Show soll nun der Comedian Daniel Tennant übernehmen, den Newbury jedoch für seinen Fäkalhumor verachtet. Denn obwohl sie durch ihre Sendung ein starkes Symbol für die Frauen in der Branche sendet, besteht ihr gesamtes Schreiberteam aus Männern. Das soll sich so schnell wie möglich ändern und so wird Molly Patel eingestellt. Da sie aber absolut keine Erfahrung in der Branche hat, wird sie eher belächelt. Doch Molly hat große Ambitionen und versucht sich durchzubeißen.
Ich will mal ein paar bekannte Namen der amerikanischen Late Night-Szene aufzählen: Jimmy Kimmel, Jimmy Fallon, Trevor Noah, Seth Meyers, Stephen Colbert und James Corden. Was haben alle gemeinsam? Genau, es sind Männer. Genau dieser Thematik nimmt sich Late Night an, geht jedoch noch ein bisschen weiter und stellt die These auf, das selbst wenn eine Frau moderiert im Hintergrund immer noch die Männer die Show schreiben würden. Die Kritik an dem gesamten System wird hier jedoch in einer süße Komödie versteckt. So gut die Ansätze im Film auch sind, es bleibt die Spitze des Eisbergs, die angesprochen wird. Davon aber abgesehen, macht Late Night deutlich Spaß beim Sehen, auch wenn die Gagdichte relativ gering ist.
5) Tolkien
J.R.R. Tolkien ist ein Waisenjunge, der sich seinen Weg bis aufs College erkämpfen muss und schließlich im ersten Weltkrieg kämpft. Der Film verfolgt seinem Weg über sein Studium, bei dem er seine eigene Sprache erfindet, die schließlich in seinem Roman Der Herr der Ringe verarbeitet wird. Dabei geht es um seine Kameraden aus Kindheitstagen und seine große Liebe Edith Bratt.
Wenn man an den Namen Tolkien denkt, denkt man automatisch an wunderbare Geschichten aus Mittelerde. An große Schlachten, aber auch an die vielen kleinen Geschichten über Freundschaft. So erwartet man eigentlich, dass in so einem biographischen Film unweigerlich die Ideen für diese Welt durch die Geschichte entstehen. Dies ist hier tatsächlich nicht der Fall und bis auf wenige Ausnahmen gibt es überhaupt keine Anspielungen auf das literarische Schaffen Tolkiens. Dafür wird dessen Kindheit und Jugend ziemlich genau unter die Lupe genommen. Hier entsteht durchaus eine spannende Geschichte über Freundschaft und das Erwachsenwerden. Einen Großteil nimmt auch die Liebesgeschichte zu Edith Bratt in Anspruch. So bekommt man zwar einen schönen Film, aber eben nicht den, den man erwartet hat.
Pingback: Verpasst, aber nicht vergessen – Teil 9.7 | ShalimasFilmweltenKritik
Pingback: Mein Jahresrückblick 2020 – #3 – Heimkino | ShalimasFilmweltenKritik