Ein Vorwort
Dass Karoline Herfurths Regiedebüt SMS für dich einer meiner absoluten Lieblingsfilme ist, habe ich bestimmt schon mehrfach erwähnt. Während mich Einfach mal was schönes nicht ganz überzeugen konnte, waren es doch gerade die verschiedenen Perspektiven in Wunderschön und die gut aufgearbeiteten feminsitischen Themen, die mich überzeugen konnten. Doch war ich bei der Fortsetzung doch skeptisch, ob die Geschichte erneut so gut funktionieren könnte. Wie es letztendlich ausging, erfahrt ihr in meinem heutigen Beitrag.

Die Handlung
Sonja und Milan haben sich getrennt und versuchen für die Kinder ein Nestmodell, doch auch das bringt Probleme mit sich. Ihre beste Freundin Vicky organisiert ein Schulprojekt, das nicht bei allen auf Begeisterung stößt. Milans Schwester Julie hat ihre Modelkarriere an den Nagel gehängt und versucht einen Neuanfang beim Fernsehen, bekommt es da aber mit Übergriffigkeiten zu tun. Nadine arbeitet ebenfalls beim Fernsehen und gehört dort zur Elite. Doch als sie erfährt, dass ihr Mann mit einer Prostituierten geschlafen hat, bricht für sie eine Welt zusammen.
Meine Meinung
Dass feministische Themen auch im Kino funktionieren können, bewies der erste Teil „Wunderschön“, da er mit Platz 1 der deutschen Kinocharts und dem besten Start eines deutschen Films nach der Pandemie aufwarten konnte. Die Fortsetzung hatte nun nochmal mehr Budget und auch mehr Themen im Gepäck. Und hier hatte sich Regisseurin Herfurth wieder einiges vorgenommen.
Aber fangen wir am Anfang an. Wir haben wieder verschiedene kleinere Geschichten, die sich in ihrer Gesamtheit zu einer großen zusammenfügen. Durch Überschneidungen bei Charakteren und Handlungsorten, greifen alle Episoden ineinander und werden gekonnt parallel erzählt. Zum einen haben wir da Sonja und Milan, die wir bereits aus dem ersten Teil kennen. Haben sie da zusammen als Paar versucht mit zwei Kindern zurecht zu kommen und vor allem Sonja mit den Veränderungen, die ihr Körper und ihr Leben als Mutter durchgemacht haben, zurecht zu kommen, so gab es hier erst einmal die Ernüchterung. Denn die beiden haben sich getrennt. Dabei hatten wir doch nicht die perfekte, aber die lebensnahe Liebesgeschichte der beiden miterlebt. Dennoch versuchen sie sich durch Therapie und dem sogenannten Nestmodell für die Kinder zusammenzureißen. Doch dann trifft Milan sich mit einer neuen Frau und Sonja erlebt das typische „Was hat sie, was ich nicht habe“ Drama inklusive wieder der Frage nach dem eigenen Körperbild.
Als zweiten Handlungsstrang haben wir Milans Schwester Julie. Nachdem sie im ersten Film eine Modellkarriere anstrebte und dadurch in die Magersucht geriet, hat sie diese hier therapiert – wenn auch nicht final überwunden, solche Erkrankungen bleiben oft lange heften und das wird hier gut aufgearbeitet – und versucht nun eine Karriere beim Fernsehen, aber im Hintergrund und nicht direkt vor der Kamera. Dort macht sie die Erfahrung eines Übergriffes durch einen Kollegen. Überwältigt von den Gefühlen des Ekels und der Fassungslosigkeit, bekommt sie jedoch keinerlei Verständnis oder Unterstützung, stattdessen muss sie sehen, wie ihr Kollege permanent verteidigt wird.
Dass alles hätte wohl schon für einen ganzen Film gereicht, aber Herfurth hat noch einen Handlungsstrang im Ärmel. Denn wir haben beim Fernsehen auch neue Charaktere. Allen voran Nadine. Sie gehört zur Elite beim Sender und brüstet sich mit ihrem makellosen Aussehen. Botox gehört zu ihrem Alltag und mit ihren Freundinnen lästert sie gerne über die nicht ganz so perfekte Kollegin aus dem Politikbereich. Doch als bekannt wird, dass ihr Mann eine Affäre mit einer Prostituierten hatte, gerät ihr perfektes Leben ins Wanken. Doch hier wird sich nicht nur auf die verletzte Frau gestürzt, nein hier geht es auch explizit um das Thema Prostitution und was viele Frauen durchmachen. Wie sie mit Versprechungen in unser Land gelockt werden, um dann unter rücksichtlosen Umständen ihren Körper verkaufen müssen. Hier wird sich mit dem Thema auch nicht zurückgehalten und Gegenstimmen auch gekonnt entkräftet.
In den ganzen großen Geschichten kommt die von Sonjas bester Freundin Vicky fast etwas kurz. Die organisiert eine Projektwoche an der Schule und will dort über feministische Themen sprechen. Hier trifft sie auf Nadines verwöhnte Tochter, die das alles für Mist hält. Bis sie sich selbst mit dem Thema auseinander setzen muss.
Ganz schön viel los in den 138 Minuten Film. Dennoch schafft Herfurth es erneut die Balance zu halten und alle Geschichten gleichberechtigt anzusprechen. Und auch, wenn bei manchen größere Schicksale dahinter stehen, so haben sie doch alle ihre Daseinsberechtigung und gehören angesprochen. Durch die gut ausgearbeiteten Charaktere und den (teilweise leider) sehr lebensnahen Geschichten, berührt und schockiert der Film gleichermaßen.
Manch einem könnte ein wenig der Feelgood Charme des ersten Teils fehlen, aber das hat der Film auch nie versprochen. Und in seiner Gesamtheit weiß Wunderschöner, wann er knallhart draufhalten muss und wann er uns wieder die „leichteren“ Geschichten präsentieren muss. Hier wird gelungen die Waage gehalten. Dennoch bleibt der Film leicht hinter seinem Vorgänger zurück, was bei mir aber auch mehr ein Gefühl ist und ich nicht so direkt mit Argumenten begründen kann.
Das Fazit
Wunderschöner wagt den Schritt die Themen zu vergrößern und macht sich damit bestimmt nicht nur Freunde. Dennoch weiß er die Waage zu halten und präsentiert gut ausgearbeitete feministische Themen mit tollen und nachvollziehbaren Charakteren. Dafür gibt es 08 von 10 möglichen Punkten.
Wunderschöner läuft seit dem 13.02.2025 in den deutschen Kinos
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