Ein Vorwort
Womit verbindet ihr den Begriff „Nomaden“? Für mich ist das ein sehr alter Begriff und ich denke sofort an den Geschichtsunterricht. Das es auch in der heutigen Zeit noch Nomaden gibt, wusste ich nicht. Doch der diesjährige Oscargewinner zeigt einen genau dies und stellt eine fast vergessene Gruppe vor. Wie das in Filmform funktioniert, erfahrt ihr in meinem heutigen Beitrag.

Die Handlung
Die Nomadin Fern (Frances McDormand) reist durch die USA, nachdem in ihrer Heimat kein Job mehr zu finden war. Dabei nimmt sie überall Gelegenheitsjobs an und wohnt in ihrem Van. Dabei lernt sie allerhand Leute kennen.
Meine Meinung
Nomadland startet ganz unaufgeregt mit Fern, die ein paar Habseligkeiten in ihren alten Van hievt. Zu diesem Zeitpunkt weiß man noch nicht so richtig, wohin die Reise führt. Spoiler: Das weiß man auch am Ende noch nicht. Denn Nomadland erzählt eine halbfiktive Geschichte und orientiert sich dabei an Erfahrungen, die in der Buchvorlage, durch die Regisseurin Chloe Zhao und andere Nomaden gemacht wurden.
Genretechnisch ist der Film ebenfalls schwer einzuordnen. Zum einen ist es ein Roadtrip, da Fern durchs Land reist und dort auf allerhand Menschen trifft. Andererseits hat der Film durch die Stimmung und die gezeigten Bilder beinah etwas mediatives. Andererseits könnte man ihn auch als Dokumentation ohne übergeordneten Erzähler sehen. Also eine Dokumentation rein aus Ferns Sicht. Letztlich ist das Genre wohl irgendwo dazwischen zu suchen.
Die Grundstimmung des Films ist sehr ruhig und unaufgeregt. Man verfolgt Fern auf ihrer Reise, bei ihren Jobs, lernt mit ihr neue Leute kennen und lernt bei den Tricks für den Van dazu. So plätschert der Film über die halbe Spielzeit einfach nur dahin. Danach wird es noch einmal ein wenig persönlicher bzw. lernt man dann noch einmal deutlich mehr über Fern. Über die Familie und über ihre innere Zweifel und ihren Zwiespalt.
Denn genau diesen Zwiespalt beschreibt Nomadland praktisch in jeder Szene. Irgendwo treibt viele das Sozialsystem der USA – oder eher dessen Abwesenheit – ins Nomadenleben. Wenn die Rente nicht zum überleben reicht oder nicht einmal reicht, um eine Wohnung zu bezahlen. Andererseits ist es auch eine Chance auf eine Gemeinschaft, um sich aus der Einsamkeit zu ziehen. Gerade die jährlichen Treffen, wo sich alle austauschen können, bringt Leute zusammen. Sie können sich zeigen, wie sie ihre Vans aufgebessert haben und welche Jobs sie in der letzten Zeit hatten. So ist die grundsätzliche Gesellschaftskritik zwar da, aber es gibt auch immer die positiven Momente.
In sich ist der Film rund und geschlossen, auch wenn es wahrscheinlich noch viel zu erzählen gäbe. Gerade das Ende bleiben einen noch einmal nachträglich in Erinnerung, weil da noch einmal so viel Gefühl drin liegt und so viele Emotionen hochkommen.
Final bleibt die Frage, ob der Film ein würdiger Oscargewinner ist. Grundsätzlich kann ich sagen ja, weil der Film in sich rund ist und von Schauspiel – gerade von Frances McDormand – über Kamera, gezeigte Bilder, Handlung, Musik und angesprochenen Themen alles bietet, was ein Oscarfilm braucht. Im Vergleich zu der ebenfalls nominiert gewesenen Konkurrenz, möchte ich noch kein Urteil fällen, weil mir immer noch ein paar fehlen und gerade von Promising Young Woman verspreche ich mir noch sehr viel.
Das Fazit
Nomadland ist ein fast meditativer Film, der sich vor allem in seine tolle Bilder versteht und die Handlung in einer Ruhe dahinplätschern lässt. Dennoch funktioniert das Konzept sehr gut. Dafür gibt es 07 von 10 möglichen Punkten.
Nomadland läuft seit dem 01.07.2021 in den deutschen Kinos
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