Ein Vorwort
Ein Musical von Steven Spielberg? Das waren für mich schon zwei gute Gründe ins Kino zu gehen. Eine Neuverfilmung eines Klassikers? Da könnte man sehr schön aktuelle Thematiken einbauen und eine … oh es wird keine Neuinterpretation, sondern nur die Verfilmung der bekannten Geschichte? Wie das funktioniert erfahrt ihr in meinem heutigen Beitrag.

Die Handlung
Die Upper West Side ist eine einzige große Baustelle. Dennoch rivalisieren hier die Jets und die Sharks um die Vorherrschaft. Während einer Tanzveranstaltung trifft der zu den Jets gehörende Toni (Ansel Elgort) auf Maria (Rachel Zegler), die Schwester des Sharksanführers Bernardo (David Alvarez). Während sich die beiden ineinander verlieben, droht ein alles entscheidender Kampf zwischen den beiden Gruppen.
Meine Meinung
Zwischen Erwartung anhand des Trailers und dem, was hätte sein können, liegt bei diesem Film ein gewaltiger Spalt. Denn in meinem Kopf war die Tatsache, dass Spielberg sich an dieses Musicals wagt, eine große Chance die Problematik der Armutsviertel und die Rassismusthematik auf eine neue Ebene zu heben, zu modernisieren und mit aktuellen Bezügen zu füllen. Nichts davon ist passiert, was mich ziemlich enttäuschte. Nun ist es natürlich unfair dies einem Film anzukreiden, der nie behauptet hat, etwas anderes zu sein als eine Neuverfilmung. Dennoch ist es schade, dass das Potential nicht genutzt wurde.
Entschädigt wird man vor allem von den unfassbaren Bildern, die Steven Spielberg wieder einmal gefühlt aus dem Ärmel schüttelt. Allein die Eröffnungssequenz, in der die Kamera über die Baustellen schweift bis es ins erste Lied übergeht, zeigt welch hohe Qualität wir vom Film erwarten dürfen. Dies ist auch das Element, das sich durch den ganzen Film zieht. Hinzu kommt ein gutes Setdesign und tolle Kostüme.
Handlungstechnisch wird sich hier komplett am Bühnenmusical und an der ersten Verfilmung orientiert. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, gibt es kaum Abweichungen in der Handlung. Lediglich die Inszenierung ist hier noch einmal beeindruckender. Zum Beispiel ist „America“ hier komplett durchchoreographiert und reißt eine ganze Straße mit, während es im Film von 1961 eine Tanznummer auf engstem Raum war. Auch hier zeigen sich die Stärken der Neuinszenierung.
Allerdings hat der Film eine große Schwäche: Ansel Elgort. Obwohl er mit Filmen wie „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ oder auch „Baby Driver“ sein Schauspieltalent bewies, mag er so gar nicht in die Rolle des Tony passen. Während die anderen Darsteller*innen die Ecken und Kanten für ihre Rollen direkt mitbringen, wirkt Elgort sehr weichgespült. Das alleine wäre vielleicht noch kein Grund für eine Kritik an ihn, sein unterirdisches Schauspiel aber schon. Denn entweder hatte er wenig Lust auf den Film und zeigt das auch in jeder Szene, oder ihm ist sein Talent abhanden gekommen. Eine absolut gelangweilte Miene in jeder Szene, beim singen wird der Mund kaum geöffnet und Emotionen gibt es auch keine.
So funktioniert der Film am besten, wenn er sich weder auf die noch immer holprige Handlung noch auf die Protagonst*innen konzentriert, sondern auf die kleinen aber feinen Nebenhandlungen. So sind etwa „America“ oder auch „Gee, Officer Krupke“ die absoluten Highlights im Film und machen einfach Spaß. Hier zeigt sich, wie die Nebencharaktere sowohl Gesang als auch Tanz und Schauspiel wunderbar beherrschen und die Choreographien in den Settings sind herausragend. Leider hält der Film dieses Niveau nicht durch.
Letztlich ist Spielbergs West Side Story ein guter Film. Er adaptiert die Vorlage – leider zu sehr – und setzt ihr seinen eigenen Stempel auf, was in tollen Bildern und Choreographien mündet. Er kränkelt am Hauptdarsteller, darüber hinaus ist er durch die Bank weg gut besetzt. Das ein Abweichen von der Vorlage vielleicht einige Stolpersteine aus dem Weg geräumt hätte, hinterlässt dennoch einen Wermutstropfen.
Zumindest in der deutschen Fassung gibt es dann natürlich noch den Kritikpunkt an fehlenden Untertiteln, wenn spanisch gesprochen wird. Hier fehlen teilweise ganze Dialoge für den nicht spanisch-sprechenden Zuschauenden. Gleichzeitig sind die Untertitel während der Lieder mitunter etwas zu freizügig interpretiert, gerade, wenn der englische Text gut verständlich ist. Gerade bei America haben Text und Untertitel teilweise überhaupt keinen Zusammenhang. Der Grund erschließt sich mir überhaupt nicht.
Das Fazit
West Side Story ist Spielbergs Variante des Klassikers. Viel Potential verschenkt, leider mit sehr schwachem Hauptdarsteller, kann der Film gerade durch Setdesign und Inszenierung punkten. Dafür gibt es 07 von 10 möglichen Punkten.
West Side Story läuft seit dem 09.12.2021 in den deutschen Kinos
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