Ein Vowort
Bei den meisten meiner Bücher kann ich ziemlich genau sagen, wann und wie ich auf sie aufmerksam geworden bin. Diesmal ist die Geschichte allerdings nicht ganz so spannend. Als ich Ende letzten Jahres meine Liste der 20 für 2020, also 20 Bücher, die ich 2020 lesen möchte, geschrieben habe, fielen mir ein paar Titel natürlich sofort ein. Um aber auf die 20 zu kommen, stöberte ich durch ein paar Buchblogs und ließ mich von den Empfehlungen bei Büchern, die ich unbedingt lesen wollte, inspirieren. Dadurch stieß ich auf den ersten Band. Und als ich den eher zögerlich anfing, verliebte ich mich sogleich in die Geschichte. So war mein erster Gang, als die Buchläden wieder öffnen durften, sofort in die Buchhandlung meines Vertrauens, um auch noch den zweiten Band zu erwerben. Ich möchte hier auch gleich am Anfang eine große Spoilerwarnung aussprechen! Ich kann unmöglich über den zweiten Band sprechen, ohne den Twist des ersten Bandes zu verraten. Daher hier die Warnung, wer den ersten Teil interessant findet und überlegt ihn zu lesen, bitte nichts über den zweiten Teil lesen!
1000 Augenblicke
Die Handlung: Kacey ist ein Rockstar. Ihre Band hat den totalen Durchbruch gerade geschafft, doch die Tour verlangt Kacey einiges ab. Dem ständigen Druck und der Erfolgserwartung kommt sie mit nur einem Mittel bei. Alkohol. Viel Alkohol. Auch bei der Show in Las Vegas hat sie wieder einen Absturz. Doch diesmal wacht sie in der Wohnung von Jonas Fletcher auf. Der junge Künstler verdient sich als Chauffeur ein wenig was dazu und konnte Kacey nicht wie gewollt in der Bandvilla abliefern. Kacey ist fasziniert von Jonas, der, im Gegensatz zu ihr, sein Leben ein bisschen zu gut unter Kontrolle hat. Doch die Tour soll noch eine ganze Weile laufen und Jonas verbirgt ein großes Geheimnis. Wird es eine Zukunft für beide geben?
Meine Meinung: Die letzte Frage ist natürlich absolut vorhersehbar. Autorin Emma Scott löst die Frage nach dem Ob auch sehr schnell auf, ziemlich untypisch für einen klassischen Liebesroman. Dieses Buch ist auch alles andere als klassisch. Denn die Konzentration liegt weniger auf dem Ob als vielmehr auf dem Wie. Kacey kämpft mit dem Druck als erfolgreicher Rockstar und ihrem Alkoholproblem und auch Jonas hat einige Probleme, die nach und nach immer deutlicher werden. Man könnte Emma Scott vorwerfen, dass sie einige der Probleme ein bisschen zu schnell löst und ganz schnell neue Wege eingeschlagen werden können. Allerdings hätte ein Ausweiten dieser Themen auch die Essenz des Buches angegriffen. Denn wir erleben hier eine der schönsten Liebesgeschichten, die ich seit langem gelesen habe. Da die äußeren Umstände schon genug Drama bieten, wird in der Liebesgeschichte an sich, größtenteils darauf verzichtet.
Kacey ist als Charakter am Anfang sicher gewöhnungsbedürftig. Sie entwickelt sich aber schnell in eine gute Richtung. Für einen Außenstehenden ist es wohl auch schwer nachvollziehbar, warum sie so viel Alkohol braucht. Aber eine Sucht, ist nun einmal von außen nicht nachzuvollziehen und Scott gibt sich hier große Mühe es aus Kaceys Sicht dennoch verständlich rüberzubringen. Jonas hingegen ist von Anfang an ein sehr greifbarer Charakter. Und tatsächlich war es einmal sehr erfrischend, dass die Dame der Rockstar ist und nicht der Mann. Außerdem ist er sehr bodenständig und daher eigentlich erst einmal nicht der potentielle Herr in einem Liebesdrama. Dennoch passt er perfekt in die Geschichte – zumal ich gerne mal mehr Bücher lesen würde, in dem der Kerl nicht von Anfang an nur als anbetungswürdig beschrieben wird.
Das Ende ist dann ab einem gewissen Punkt zwar vorhersehbar, dennoch erhofft man sich einen anderen Ausgang. Aber es ist konsequent und macht nicht die Ernsthaftigkeit des ganzen vorherigen Buches zu nichte.
Ein weiterer Pluspunkt ist Scotts Schreibstil, der sehr flüssig zu lesen ist, das richtige Maß aus Gedanken und Dialog hat und es schafft trotz eines gewissen Alltages sich auf einige wenige Wiederholungen zu beschränken. Hierfür gibt es eine absolute Leseempfehlung!
Zwei Versprechen
Ich weise noch einmal daraufhin, dass der Inhalt des zweiten Bandes ein großer Spoiler für den ersten Band ist. Es lässt sich aber nicht vermeiden!
Die Handlung: An Jonas Sterbebett wurden zwei Versprechen gegeben. Kacey versprach zu versuchen erneut zu lieben. Jonas wusste, dass sein Bruder Theo der richtige für sie ist und das Theo sich bereits in sie verliebt hatte. So nahm er ihm das Versprechen ab, dass Theo alles versuchen sollte, um Kacey wieder glücklich zu machen. Nach dem Tod Jonas‘ ist die Welt für Kacey zusammengebrochen. Egal, wie gut sie sich auf diesen Moment vorbereitet hat, sie kann es sich doch nicht vorstellen, ohne ihn zu leben. Theo versucht ihr zu helfen und gleichzeitig seine Familie, die ebenfalls unter dem Verlust leidet, zusammenzuhalten. Doch dann ist Kacey auf einmal verschwunden. Theo hofft, sie wiederzufinden und tatsächlich bekommt er schließlich einen Anruf aus New Orleans. Er reist zu ihr und findet sie einem desaströsen Zustand wieder. Wie sollen beide ihr Versprechen einhalten können?
Meine Meinung: Der zweite Band steht hier einmal mehr im Schatten des ersten. Denn eine so wunderbare Liebesgeschichte zu toppen, ist wohl kaum möglich. Autorin Emma Scott versucht das auch gar nicht. Sie nimmt den Schatten des ersten Buches bewusst auf und spielt damit. Und tatsächlich schafft sie es den Wandel von Theo, dem distanziertem Bruder aus dem ersten Band, zu einem Mann, dessen innere Zerrissenheit man vollständig nachvollziehen kann. Auch ist der Wandel von Kacey von einem zum anderen Bruder bereits im ersten Band vorbereitet worden. Dennoch wird mit dem Thema Trauerarbeit respektvoll umgegangen. Auch hier gibt es einige Entwicklungen, die relativ schnell abgearbeitet wurden – und teilweise dadurch auch etwas unrealistisch waren. Dann gab es wiederum Entwicklungen, die sehr lange aufgebaut wurden, nur um am Ende wieder zunichte gemacht wurden. Das dürfte dann wohl auch mein einziger Kritikpunkt sein, dass die Fernbeziehung Las Vegas-New Orleans ein wenig merkwürdig aufgelöst wurde. Allerdings ist es auch hier wieder jammern auf hohem Niveau, denn auch die zweite Liebesgeschichte konnte mich hier vollständig in den Bann ziehen. Beide Geschichten funktionieren unabhängig und auch zusammenhängend sehr gut, weil sie auf unterschiedliche Art aufgezogen wurde und gut miteinander harmonieren. Ebenso wie Kacey musste man als Leser den Verlust von Jonas erst noch verarbeiten und konnte sich nicht sofort auf Theo einlassen. Aber nach und nach, verstand man, warum es sich bei beiden Brüdern um unterschiedliche Abschnitte handelte und kann Kacey Anziehung zu Theo sogar nachvollziehen. Ich könnte letztendlich nicht sagen, welches Buch von beiden mich mehr begeistern konnte.
Pingback: 20 für 2020 – Ausgelesen | ShalimasFilmweltenKritik
Pingback: Mein Jahresrückblick 2020 – #2 – Bücher | ShalimasFilmweltenKritik