Ein Vorwort
Eigentlich sollte es in dieser Kategorie ein bisschen mehr Vielfalt geben, als der dritte Beitrag über Stephen King, aber aus Doctor Sleep musste ich einfach eine Doppelkritik machen, weil ich das Buch letztes Jahr eigentlich nur in die Hand genommen habe, um es vor dem Kinostart gelesen zu haben. Dass ich den Film dann im Kino gar nicht sehen konnte, war ärgerlich, aber dafür gab es nun meine Heimkinopremiere.

Die Handlung
Dan Torrance kennt der treue Leser noch aus Shining. Er hat die Ereignisse im Overlook-Hotel überlebt und erliegt Jahre später, wie einst sein Vater, dem Alkohol. Für einen Neuanfang zieht er in ein kleines Städtchen, wird trocken und bekommt schließlich einen Job als Pfleger in einem Hospiz. Dort macht er sich einen Namen als Doctor Sleep, weil er den Patienten in ihren letzten Minuten beisteht. Das er diese mit Hilfe seines Shinings besonders angenehm gestaltet, weiß außer ihm keiner. Er hat eine besondere Verbindung zu dem Mädchen Abra, das er noch nie gesehen hat. Sie können über ihr Shining kommunizieren. Von ihr erfährt er, dass es eine Gruppe von Wesen gibt, die sich selbst als Wahren Knoten bezeichnen, die sich vom Shining und der Angst von Kindern ernähren, da sie dadurch nicht sterben. Als der Wahre Knoten es nun auf Abra abgesehen hat, versucht Dan alles, um den Knoten entgültig aufzuhalten.
Meine Meinung zum Buch
Stephen King schreibt keine Mehrteiler und keine Fortsetzungen. So hieß es lange Zeit. Tatsächlich ist Doctor Sleep seine erste Fortsetzung. Die Geschichte, was aus dem kleinen Danny wurde, sollte einfach erzählt werden. Dabei stellt er wieder ein paar sehr ernste Beobachtungen an. Zum einen, dass Kinder mit Alkoholikern als Eltern oft ins gleiche Schema verfallen. King selbst kämpfte mit Alkohol und Drogen, weswegen er die Sitzungen der anonymen Alkoholiker im Buch auch sehr ausufernd beschreibt und die Grundsätze an vielen Stellen in die Geschichte einwebt. Zum anderen, dass das Shining bedrohlich sein kann. In diesem Fall durch den Wahren Knoten, die Kinder mit Shining suchen, quälen, töten und dann das Shining aufsaugen. Beide Beobachtungen führen zu einer logischen Schlussfolgerung, nämlich dieser Geschichte. Allerdings lebt sie hauptsächlich von Kings unfassbar gutem Erzählstil. Denn für das erzählte ist die Geschichte zu lang. Vieles hätte man weglassen können, dann wäre das Buch vielleicht ein bisschen spannender gewesen. Versteht mich nicht falsch, nach normalen Maßstäben war das Buch durchaus spannend. Wenn man es aber beispielsweise mit seinem direkten Vorfahren „Shining“ vergleicht, dann merkt man dem Buch die Längen an, da es einfach nicht die gleiche bedrohliche Stimmung schafft. Letztlich würde ich das Buch als Gut, aber nicht als Herausragend bezeichnen. King schafft es wieder auf die Charaktere und ihre Zwiespalte einzugehen und eine Fortsetzung zu schaffen, die sich von ihrem Vorgänger löst und gleichzeitig mit ihm verbunden bleibt.
Meine Meinung zum Film
Mit Verfilmungen von Stephen King Werken ist es so eine Sache. Gerade seit dem Erfolg von dem Es-Remake sprießen sie wieder aus dem Boden. Friedhof der Kuscheltiere konnte an den Erfolg schon nicht anknüpfen. Doctor Sleep – oder Stephen Kings Doctor Sleeps Erwachen, wie der deutsche Verleih ihn nennt – hatte nun das Problem, das auch noch Stanley Kubricks Shining-Verfilmung irgendwo mit drin steckt. Während für viele dadurch wohl die Messlatte hoch gelegt wurde, war für mich eher das Problem, das Kubrick einige Änderungen vornahm, die nun zwangsläufig wieder mit aufgegriffen wurden. Um es kurz zu machen: Ich mag Kubricks Shining nicht. Ich gehe da ganz mit Stephen King mit, dass die Stimmung und der langsame Spannungsaufbau mit steigendem Wahnsinnslevel im Overlook-Hotel von Kubrick nicht eingefangen wurde, sondern viel zu plakativ dargestellt wurde. Für mich musste Doctor Sleep also eine Hürde mehr nehmen.
Das vordergründigste Problem, das ich mit der Doctor Sleep Verfilmung habe, ist die Länge von 152 Minuten unter Streichung vieler interessanter Elemente. Das eine Verfilmung immer Elemente und Handlungsstränge aus einer Buchvorlage – gerade einer so umfangreichen, wie Kings – streichen muss, ist mir völlig bewusst. Aber wenn die Entscheidung nun so fiel, dann hätte der Film auch deutlich kürzer sein können. Denn die noch übrigen Elemente werden nun so langatmig erzählt, dass man bereits 90 Minuten sah und sich fragt, wann denn die eigentliche Handlung nun ansetzt. Hier wäre eine kompaktere Erzählung besser gewesen, oder wenn man die Länge hätte halten wollen, dann bitte mit mehr Inhalt.
Das letztlich auch der finale Kampf stark vom Buch abweicht, ist dann wohl wieder Kubrick geschuldet, der einfach sein eigenes Ende schrieb und im Film daher ganz andere Möglichkeiten geschaffen wurden. Hier versucht der Film auch nochmal alles aus diesen Möglichkeiten auszuschöpfen, letztlich hat er den Zuschauer aber an diesem Punkt schon verloren, so dass der finale Kampf einen auch nicht mehr zurückbringt.
Schauspielerisch ist der Film auf einem guten Niveau, vor allem Rebecca Ferguson merkt man ihren Spaß und ihren Enthusiasmus an ihrer Rolle deutlich an. Ewan McGregor spielt gewohnt solide, holt aus seiner Rolle aber auch nicht mehr raus.
Das Fazit
Während das Buch sich wieder voll und ganz auf die Charaktere konzentriert und eine solide Handlung um diese baut und vor allem durch Kings Erzählstil lebt und spannend bleibt, verliert sich der Film in seiner Oberflächlichkeit. Durch die lange Lauflänge bei vergleichsweise wenig adaptiertem Inhalt kann der Film keine Spannung aufbauen. Während das Buch wohl zu Kings schwächeren Erzählungen gehört, was aber dem ansonsten sehr hohem Niveau geschuldet ist, und trotzdem noch eine solide Leistung abliefert, ist die Verfilmung irgendwo knapp unterm Mittelmaß.
Den Film habe ich neulich auch gesehen – ohne das Buch zu kennen – und würde ihn auch bestenfalls als mittelmäßig einstufen. Er ist einfach viel zu lang!
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Ja ich fand ihn auch sehr lang, bei vergleichsweise wenig Inhalt
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