Eine Handvoll Bücher – 01/23

Herzlich Willkommen zur (tatsächlich erst) ersten Ausgabe der buchigen Handvoll in diesem Jahr. Heute mit: König Drosselbart, sichtbaren Lügen, Rumpelstilzchen, einem Anwesen in Schottland und dem Gestiefelten Kater.

Spielmannsbraut – Anne Danck

Die Handlung: Prinzessin Mirelle ist wenig begeistert von den Heiratsplänen ihres Vaters für sie. Also beschließt sie jeden potentiellen Anwärter mit ihrem spitzen Mundwerk abzuschrecken. Aus Wut verkündet ihr Vater, dass er sie einfach an den ersten Bettler verheiraten wird. Und kurz darauf taucht tatsächlich ein Spielmann auf, um sie in die Armut zu heiraten. Doch warum fühlt sie sich von seinem Lächeln so angezogen?

Meine Meinung: König Drosselbart war tatsächlich eines der Märchen, die mir nicht ganz so präsent waren, auch wenn ich die Geschichte irgendwann bestimmt schon einmal gelesen hatte. Dennoch war es eine Kaufentscheidung, weil es eben mal nicht die allseits beliebten Märchen umsetzte (mir muss keiner mehr mit Aschenputtel oder Die Schöne und das Biest kommen). Und auch, wenn es nach kurzer Recherche sich sehr nah ans Märchen hält, demnach relativ vorhersehbar war, so war es doch einfach eine wunderschöne Adaption. Die Charaktere sind mir sehr schnell ans Herz gewachsen. Ich habe mit ihnen gelitten, mich gefreut, bin mit ihnen gewachsen und warum war das Ende viel zu früh und doch gleichzeitig so perfekt? Ich mochte die feministischen Ansätzen, die fein in die Geschichte untergewoben wurden, ohne mit dem Vorschlaghammer zu drohen. Und auch, wenn das Buch verhältnismäßig dünn war, so war die Geschichte doch vollständig auserzählt, ohne, dass es etwas fehlte. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung.

Die Waage der Welt – Marie Weißdorn

Die Handlung: In Yacantha wird jede Lüge, jede Ungerechtigkeit und einfach alles schlechte, was eine schwarze Iona hervorrufen könnte, bestraft. Dafür sorgen die Wächter. Doch Rieka zieht die schwarzen Ionas ungewollt an und kann sie aufnehmen. Das muss sie jedoch dringend verbergen, denn diese Fähigkeit hatten die inzwischen ausgelöschten Schattenwächter. Dabei begegnet sie Kae, einem Wissenschafts-Wächter, der ihr helfen möchte. Doch kann sie ihm trauen? 

Meine Meinung: Als der Gedankenreich-Verlag dieses Buch ankündigte, war ich sofort Feuer und Flamme und musste es mir auf der Buch Berlin direkt kaufen. Doch wie ich es oft bei Büchern, auf die ich mich sehr freue habe, fällt mir der Anfang sehr schwer. Vielleicht weil sich  Erwartungen und Realität erst annähern müssen. Aber sobald ich einmal drin war und die Welt ein bisschen besser kennengelernt hatte und mit den Protagonist*innen warm wurde, gab es kein Halten mehr. Der Gedankenreich-Verlag beweist einmal mehr sein Gespür für einzigartige Geschichten, die zu verzaubern wissen (weswegen sie Jahr für Jahr den größten Anteil meiner Buch Berlin Ausbeute ausmachen). Ich mochte die Idee mit dem Gleichgewicht und der Sichtbarkeit der Lügen. Die Grundidee hatte ich zwar in ähnlicher Weise schonmal gelesen, aber bei weiten nicht in einer so gut eingebundenen Geschichte. Vor allem zeigt sich hier aber, dass die Geschichte noch viel Potential für Folgebände hat, auf die ich nun sehnsüchtig warte. Ich wäre dann bereit für Band 2!

Schattengold – Christian Handel

Die Handlung: Rede nicht mit Feenwesen, iss nichts von Feenwesen, mache keine Deal mit Feenwesen. Farah muss für ihr Überleben und das ihrer Familie alle Regeln brechen. Eingesperrt in einem Turm soll sie Stroh zu Gold spinnen. Dabei ahnt sie nicht, welche Mächte sie weckt.

Meine Meinung: Christian Handel schaffte es mit seinen Märchen- und Jugendbüchern sich zu meinem absoluten Lieblingsautor zu schreiben. Nach seinen Hexenwald-Chroniken durfte er nun mit seiner Rumpelstilzchen-Adaption wieder einmal in die Welt der Märchen eintauchen. Wer Rosen und Knochen (Band 1 der Hexenwald-Chroniken) gelesen hat, kennt vielleicht bereits seine Kurzgeschichte, in der er bereits Motive aus Rumpelstilzchen adaptierte. Von dieser angefixt, musste natürlich auch Schattengold bei mir einziehen. Tatsächlich empfand ich dies als sein bisher schwächstes Buch. Was noch lange nicht bedeutet, dass es schlecht war. Aber im Vergleich mit seinen bisherigen Büchern war ich hier eher ernüchtert. Ich mochte den Ansatz der Geschichte, aber es war mir einfach zu langatmig. So richtig in Fahrt kommt die Handlung nicht und gefühlt hätte alles wesentlich schneller erzählt werden können. Das ist besonders schade, weil Rumpelstilzchen mit einem dunklen Feenvolk zu kombinieren, in der Grundidee sehr gut klang. Doch auch im letzten Drittel, wenn das eigentliche Abenteuer startet, hatte mich das Buch schon verloren, so dass ich nicht einmal richtig mitfiebern konnte. Wie gesagt, das Buch ist an sich  nicht schlecht, alles ein bisschen knackiger und zackiger und ich wäre hier vermutlich wieder in Jubelrufe ausgebrochen. Aber Langatmigkeit ist leider etwas, was mich sehr stört.

Houston Hall – Mary Cronos

Die Handlung: Anthony Houston hat sich nach den Morden an seiner Familie komplett in das Anwesen zurückgezogen. Bis das neue Dienstmädchen Mary an die Tür klopft und ihn aus seiner Einsamkeit reißt. Doch sie scheint ein Geheimnis zu umgeben, dass enger mit der Geschichte seiner Familie verwoben ist, als er wahr haben will. 

Meine Meinung: Mit Houston Hall reisen wir ins Schottland der 1960er Jahre und auf ein waschechtes Anwesen. Gepaart mit der schottischen Mythologie präsentiert Mary Cronos eine Geschichte, voller Spannung, Intrigen, Liebe und das ganze mit dem ohnehin mystischen Setting des Anwesens im tiefsten Schottland. Das wir hier auf Wesen treffen, die mir vorher nichts sagten, mochte ich sehr. Nichts nervt mich mehr, als immer die gleichen Mythen präsentiert zu bekommen. Der Anfang war auch etwas schwieriger zum reinkommen, da sich die Geschichte langsam aufbaut. Das hat allerdings den Vorteil, dass wir ab der Hälfte, wenn nicht nur der spannende Teil losgeht, sondern wir auch einen Perspektivwechsel bekommen, bereits so mit den Charakteren vertraut sind, dass wir ihnen ohne Rücksicht auf Verluste (also potentiellem Schlafentzug, weil das Buch nicht mehr weggelegt werden kann) auf ihr Abenteuer folgen. Die Auflösung am Ende war mir zwar etwas zu sehr deus ex machina, aber dennoch war die Geschichte rund erzählt und hat alle Höhen und Tiefen der Geschichte voll ausgekostet.

Der Kater unterm Korallenbaum – Christina Löw

Die Handlung: Yuki geht nach dem Tod ihres Vaters bis auf den Familienkater fast leer aus. Während ihr Bruder das Haus und ihre Schwester den Blumenladen erbten, steht sie vor einigen Problemen. Doch der Kater Sazuke kann sprechen und bietet Hilfe an. Doch Wünschen will gelernt sein. 

Meine Meinung: Und zum Abschluss gibt es noch eine Märchenadaption. Diesmal eine moderne Version von Der gestiefelte Kater. Moderne Adaptionen habe ich bisher eher weniger gelesen, weswegen ich umso begeisterter war. Das Grimmsche Märchen traf dann noch auf einen japanischen kulturellen Hintergrund, was in der Kombination wunderbar funktioniert hat. Beim Lesen des Klappentextes hatte ich spontan ein Problem mit dem Mobbing der Kolleg*innen (potentieller Trigger bei mir), doch es war gut oberflächlich eingebunden und die Handlung legte den Schwerpunkt nicht darauf, sodass ich das Buch doch ohne Zwischenfälle lesen konnte. Sazuke ist dann wohl der heimliche Star des Buchs, auch wenn ich Isabell als meine Favoritin kennzeichnen würde. Generell beschreibt der Untertitel „Wünschen will gelernt sein“ die Handlung sehr gut. Wir leiden sehr nah mit der Protagonistin mit. Zwischendurch erwischt man sich, wie man sich ebenfalls so eine vermeintlich leichte Lösung für die eigenen Probleme wünscht. Doch natürlich hat alles eine Schattenseite und das hat Autorin Christina Löw hier ganz gekonnt dargestellt. Dabei ist die Handlung wunderbar rund erzählt, behandelt schwere Themen mit einer gewissen Leichtigkeit und dennoch dem nötigen Respekt. Auf jeden Fall eine Empfehlung.

Habt ihr eins davon gelesen? Wie fandet ihr es?

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