Herzlich Willkommen zur sechsten Ausgabe der buchigen Handvoll in diesem Jahr. Heute mit: einem K-Pop Star, Spannung im Shinkantsen, einem sarkastischen Dämon, einem geisterhaften Zimmer und einer schaurigen Eiskönigin.

More than a star
Die Handlung: Allison bekommen einen Job in Seoul. Trotz aller Unwahrscheinlichkeiten trifft sie dort auf ihr großes K-Pop Idol Wooyeong. Und obwohl sie nicht zusammen sein dürfen, weil es seine Karriere zerstören könnte, können sie nichts gegen ihre aufkommenden Gefühle unternehmen.
Meine Meinung: Als K-Pop Fan (inzwischen hat es mich erwischt) hat mich das Buch direkt angesprochen. Doch schon der Einstieg verlief eher holprig. Ich hatte das Gefühl in einer Fanfiction gelandet zu sein. Keine vernünftige Charakterisierung, stattdessen ist die Protagonistin das übliche graue Mäuschen ohne Seele, die natürlich sich gar nicht hübsch findet, aber der Love Interest sieht sofort ihre Einzigartigkeit. Das war für mich absolut nicht nachvollziehbar beschrieben. Die Handlung selbst war auch eher ein „Das muss jetzt passieren, sonst funktioniert die Geschichte hinten raus nicht“, statt eines logischen Aufbaus. Die üblichen Dramapunkte wurden in Rekordgeschwindigkeit abgearbeitet, es gab kaum Überraschungen. Dennoch war das Buch nicht direkt schlecht. Mir gefielen einige Punkte und der Schreibstil war sehr flüssig. Es ist nur einfach so, dass es wirkte, als hätte die Geschichte nicht ein einziges Lektorat gehabt. Und von einem Verlagsbuch erwarte ich eigentlich genau das (eigentlich auch beim Selfpublishing, aber das ist ein anderes Thema).
Bullet Train
Die Handlung: Der als Marienkäfer bekannte Auftragskiller bekommt den Auftrag einen Koffer aus einem Shinkansen zu klauen. Doch er scheint vom Pech verfolgt und so landet er zusammen mit vier anderen Killern in dem Zug.
Meine Meinung: Meistens ist die Reinfolge Buch lesen und dieses wird dann irgendwann verfilmt, weswegen ich mir den Film ansehe. Manchmal passiert es allerdings auch, dass ich erst den Film sehe und mich dann die Buchvorlage interessiert. Meistens weil ich hoffe noch mehr zu Gedanken oder zu Weltenbau zu erfahren. Diesmal allerdings weil ich gehört hatte, dass das Buch eine ganz andere Grundstimmung haben sollte als der Film. Und das ist tatsächlich richtig. Zwar bleibt die Grundhandlung erhalten und auch die Dialogszenen sind gut übernommen, doch gibt es auch einige Änderungen. Während der Rahmenhandlung kann man sich nun streiten, in wie weit die Änderungen notwendig waren, gerade was einzelne Charaktere und deren Motiv angeht, doch grundsätzlich funktionieren beide Medien in ihrer Form. Das Buch ist einfach wesentlich ruhiger erzählt, dennoch wird ein guter Spannungsbogen aufgebaut, so dass man regelrecht durch die Seiten fliegt. Das große Manko vom Buch ist generell – und erst recht, wenn man den Film gesehen hat – das Ende. Es ist sehr abrupt, abgehackt und lässt die Geschichte ins Leere laufen. Kein großes Ganzes, keine Erklärungen, nichts. Das hat mich sehr enttäuscht. Aber davor war das Buch ziemlich gut.
Die Clans von Tokito
Die Handlung: Sechs Clans gehören zu Tokito, wer zu keinem gehört, ist Freiwild. Erin hat ihren Job und damit ihren Clan verloren. In der Gewalt von Organhändlern lässt sie sich auf einen Deal mit einem Dämon ein. Doch die Macht, die sie dadurch erlangt, hat einen Preis.
Meine Meinung: Sehr viele positive Bewertungen, viele Schwärmereien und allein ein Cover, das mich magisch anzog und doch hat es eine ganze Weile gedauert, bis ich es nicht mehr aushielt und mir das Buch zulegte (eventuell hat eine gewisse Buchhandlung Graff und der Aufkleber von der Autorin signiert den letzten Ausschlag gegeben). Der Schreibstil war sehr flüssig, ich bin sehr schnell in die Welt reingekommen und konnte doch immer noch etwas entdecken. Auch die Dreiteilung der Erzählperspektive hat sehr gut funktioniert, weil wir so immer an allen wichtigen Punkten dabei waren und die Welt aus dreierlei Augen betrachten konnten. Das ganze Buch ist durchweg spannend und birgt zugleich eine gute Mischung aus Drama und Humor, so dass es für mich fast schade war diesen Einzelband aus den Händen legen zu müssen. Doch die Geschichte war auserzählt, nicht gehetzt, aber auch nicht künstlich gezogen. Einfach eine wunderbare Fantasywelt mit ostasiatischem Einfluss.
Das verborgene Zimmer von Thornhill Hall
Die Handlung: Colin soll den Sommer bei seiner Mutter verbringen, die die Familie verlassen hat, als er noch ein Kind war. Dort lernt er den verschlossenen Theodore kennen. Kurze Zeit später stirbt Colin unerwartet und findet sich in einer Geisterwelt wieder. Ihm bleiben drei Tage, um das verborgene Zimmer von Thornhill Hall zu finden, um ins Leben zurückzufinden.
Meine Meinung: Christian Handel hat es schon wieder getan. Zwei Tage verweilte ich in Thornhill Hall, dann hatte ich es einfach schon komplett durchgelesen. Denn sein „Downton Abbey mit Geistern“ begeistert einfach in allen Facetten. Auch wenn ich historische Romane eher ungern lese, war ich sofort in der Welt von Thornhill Hall gefangen. Ich lernte Colin kennen und verstand ihn und seine Gefühlslage sofort. Zusammen lernten wir Theodore kennen und ich freute mich schon auf den queeren Touch. Wir kamen in die Geisterwelt und lernen dort die zweite Ebene kennen. Und hier passierte genau das, was ich an Christian Handels Büchern so liebe: Die konsequente Spannung, das ständige Fragen, was als nächstes passiert und das ganze trotzdem in so einer Wohlfühlatmosphäre, dass sich jede Zeile wie nach Hause kommen anfühlt. Der dezente Witz, der alles auflockert, das kribbeln bei der Liebesgeschichte, die dennoch nicht aufdringlich ist. Die Verschmelzung von Geisterfantasy mit Familiendrama harmoniert wunderbar. Die Auflösung am Ende holt noch einmal alles raus, was geht. Das war die Phase, in der ich nicht mehr ansprechbar war, weil ich wissen musste, wie es weitergeht. Kurzum: Das verborgene Zimmer von Thornhill Hall ist einfach wieder ein Herzensbuch und Christian Handel beweist einmal mehr, warum er mein Lieblingsautor ist.
Hinter den Spiegeln so kalt
Die Handlung: Finja trauert um ihre Tochter, die plötzlich verschwand. Zurück blieben nur Eiskristalle am Spiegel. Finja macht sich auf die Suche und muss dabei erkennen, dass ihre Angst vor Spiegeln eine reale Ursache hat.
Meine Meinung: Liza Grimm hat bereits mit Talus bewiesen, dass Bücher nicht immer ewig lange Kapitel haben müssen, um zu funktionieren. Waren es da noch regelmäßige Perspektivwechsel, hat ihre moderne Eisköniginenadaption so die Zeitsprünge verarbeitet. Gerade für mich als Zwischendurchleserin, war es so schön die Möglichkeit zu haben, das Buch regelmäßig weglegen zu können. Allerdings kam dadurch auch kein so richtiger Lesefluss auf, da man sich immer wieder neu orientieren musste, in welchem Zeitstrang man sich gerade befand. Dennoch holt die Geschichte einen immer wieder zurück, denn das große Rätsel um das Verschwinden von Finjas Tochter ist bis zum Ende spannend. Das Thema aus der Triggerwarnung sollte man ernst nehmen, denn das Finale schlägt dort mit aller Brutalität zu. Das soziale Dilemma ist gut aufgearbeitet und es kommen verschiedene Meinungen zu Wort. Dabei verkommt es nicht zu reiner Debatte, sondern kombiniert die Märchenadaption, die Spannung und den Meinungsaustauscht in ein spannendes Finale. Der allerletzte Schliff fehlt vielleicht am Ende in dem Aufeinertreffen der Charaktere, da hier einzelne Nebencharaktere zu stereotypisch geraten sind. Dennoch ist die Geschichte an sich rund und zeigt einmal mehr Grimms Faszination für Hexen.
Habt ihr eins davon gelesen? Wie fandet ihr es?