Im Westen nichts Neues

Ein Vorwort

Nach einigen Kriegsfilmen, aus Britischer oder Amerikanischer Sicht, zuletzt z. B. 1917, bringt uns Netflix nicht nur eine sehr nüchterne deutsche Darstellung des ersten Weltkriegs, sondern zeitgleich auch den deutschen Oscarkandidaten fürs nächste Jahr. Wie der Film, der gleichzeitig für Kino und Stream konzipiert wurde, funktioniert, erfahrt ihr in meinem heutigen Beitrag.

Die Handlung

Paul Bäumer (Felix Kammerer) meldet sich 1917 freiwillig für den Kriegsdienst und lügt dabei bei seinem Alter. Zusammen mit seinen Freunden und unterstützt durch patriotische Reden seines Lehrers ziehen sie voller Stolz los. Doch an der Westfront angekommen, werden sie sofort mit der harten Realität des Stellungskrieges konfrontiert.

Meine Meinung

Bereits 1929 schrieb Erich Maria Remarque seinen Roman Im Westen nichts Neues. Dabei verarbeitet er nur wenige eigene Erlebnisse, da er nur kurze Zeit an der Front war. Allerdings sammelte er Erfahrungsberichte und ließ diese einfließen. Schon damals hatte er eine sehr kritische Position zum Krieg, die in den darauffolgenden Jahren von den Nazis sehr  unterdrückt wurde. So viel die Hintergrundrecherche zur Neuverfilmung, da ich die Buchvorlage nicht gelesen habe. Doch soll der Film an vielen Stellen davon abweichen, was eher negativ gesehen wird. Hier mag ich mir kein Urteil erlauben und bewerte den Film daher unabhängig, ob dieser für sich funktioniert hat.
Und das ist tatsächlich gar nicht so einfach, ist er doch so vielschichtig und an einigen Stellen herausragend, an anderen hapert es. Doch fangen wir von vorne an. Die Einleitung bietet gleich einen Überblick auf die Kriegsgeschehen und startet einen Kreislauf, der sich durch den gesamten Film zieht. Kurz darauf treffen wir auf Paul und seine Freunde, die uns nicht wirklich näher beschrieben werden, sondern wie Platzhalter wirken, was aber der Film durchaus auch aussagen will. So zeigt sich hier schon die nüchterne Erzählweise, da der Film nur eine Emotion kennt: Den Schrecken des Krieges.
Dadurch ist der Film sehr unpatreotisch, was eine schöne Abwechslung zu vergleichbaren Filmen ist. Hier wird nichts beschönigt, auch die Freundschaften helfen nur bedingt über die Schrecken hinweg. Zeitgleich trumpft Im Westen nichts Neues mit wunderbar echten und gestochen scharfen Bildern auf. Das Szenenbild und die Kameraarbeit leisten hier einiges und zeigen, was möglich ist.
Mit 148 Minuten ist der Film vergleichsweise lang, was man ihm leider anmerkt. Überwältige der Anfang einen noch durch viele neue Eindrücke, verfliegt dies mit der Zeit und auch, wenn er eine Grundspannung halten kann und immer wieder gerade durch die Gefechte das Adrenalin steigen lässt, sind es gerade die Szenen dazwischen, die sich mitunter ziehen. Gerade weil die Nähe zu den Charakteren fehlt, ist es in diesen einem auch egal, was zwischen ihnen geschieht.
Und auch, wenn das Geschehen in den Gräben deutlich und sehr realistisch dargestellt wird, fehlt einem irgendwo der Gesamtüberblick über den Krieg. Erst am Ende gibt es ein paar Texteinblendungen, der Film, Geschichte und vor allem den Titel des Films in Zusammenhang stellen. Wem das geschichtliche Grundwissen fehlt, der ist hier schnell aufgeschmissen.
So vereinen sich Stärken und Schwächen zu einem Film, der durchaus sehenswert ist, aber es mit der Nüchternheit übertreibt und für seine Geschichte einfach zu lang ist.

Das Fazit

Im Westen nichts Neues besticht und enttäuscht gleichzeitig durch die sehr nüchterne und unnahbare Erzählung des Krieges. Grundsätzlich zu lang, dafür aber bildgewaltig und gerade in den Kampfszenen sehr mitreißend inszeniert.

Im Westen nichts Neues läuft seit dem 29.09.2022 in den deutschen Kinos und seit dem 28.10.2022 auf Netflix verfügbar

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Der Gesang der Flusskrebse

Ein Vorwort

Zwischen all den Franchises, Reboots, Remakes und Co stiehlt sich ab und an dann doch die ein oder andere Buchverfilmung. Nachdem Bullettrain diesen Monat schon ganz gut funktioniert hat, gibt es diesmal eine Buchverfilmung aus einem ganz anderen Genre. Warum Der Gesang der Flusskrebse mehr bietet als hübsche Naturaufnahmen, erfahrt ihr in meinem heutigen Beitrag.

Die Handlung

Kya Clark (Daisy Edgar-Jones) lebt allein in der Marsh, einer Sumpflandschaft in North Carolina. Von der Familie zurückgelassen, muss sie irgendwie überleben. Dabei findet sie in wenigen helfenden Hände Freundschaften und vielleicht auch Liebe. Doch Ende der 1960er Jahre wird sie eines Mordes beschuldigt.

Meine Meinung

Der erste Trailer von Der Gesang der Flusskrebse ließ auf eine Kriminalgeschichte schließen, die mit einer Einsiedlergeschichte unterstrichen wurde. Mein bester Freund, der das Buch gelesen hatte, sah daher schwarz für den Film, da es so gar nicht der Essenz des Buches entsprach, das sich mit dem Leben des „Marsh-Mädchens“ befasste. Mit einem dementsprechend kritischen Blick und doch irgendwo einer gewissen Faszination für den Film ging ich hinein und kann sagen, dass hier eine gute Balance gefunden wurde – auch mein bester Freund bestätigte inzwischen, dass der Film sehr Buchnah sei.
So beginnt der Film mit dem Leichenfund. Schnell wird die vermeintliche Mörderin festgenommen. Wir lernen eine Kleinstadt voller Vorurteile kennen, erst danach lernen wir Kya kennen. Nach und nach wird in Form von Rückblenden ihr Leben erzählt, nur ab und an unterbrochen von der Gerichtsverhandlung.
Dabei entsteht ein sehr ruhig erzählter Film, der wohl alle enttäuscht, die auf einen spannenden Kriminalfall spektuliert hatten, aber genau das Richtige für Fans der auserzählten Charakterfilme ist. Denn Kya ist ein sehr interessanter Charakter und die Stationen in ihrem Leben sind gleichzeitig ergreifend, entsetzend und gehen dabei ganz tief unter die Haut. So schafft es der Film ganz ruhig eine Geschichte von vorne bis hinten zu erzählen und dabei trotz wenig Spannung keine Langweile entstehen zu lassen.
Der Gesang der Flusskrebse ist einer dieser Filme, die einem allein durch die unglaublich schönen Naturaufnahmen und die erzeugte Atmosphäre in einer ganz besonderen Stimmung schwelgen lässt. Bei der Geschichte bleibt wohl kein Auge trocken, auch wenn der Film die Themen ganz ruhig erzählt und keineswegs mit Absicht auf die Tränendrüse drückt. Untermalt wird das Ganze von dem wunderbar reduzierten Schauspiel aller Akteure. Mit Daisy Edgar-Jones wurde eine perfekte Kya gefunden, deren Entwicklung nachvollziehbar dargestellt wurde.
Das Ende ist dann zum einen wunderbar rund und erzählt die Geschichte bis zum Ende, lässt aber doch eine Frage offen, was nicht jedem Kinogänger passen dürfte. Zumindest bleibt der Film so in Erinnerung und sorgte auch nach Zufall des Vorhangs noch für ordentlich Gesprächsbedarf (im positiven Sinne).

Das Fazit

Der Gesang der Flusskrebse vereint ruhig erzählte Charakterstudie mit wunderschönen Naturaufnahmen und einer ergreifenden Geschichte. Haltet die Taschentücher bereit und stellt euch darauf ein komplett in dem Film zu versinken. Dafür gibt es 08 von 10 möglichen Punkten.

Der Gesang der Flusskrebse läuft seit dem 18.08.2022 in den deutschen Kinos

Cinemathek: Schachnovelle

Ich erinnere mich, dass die Schachnovelle zu Schulzeiten mal in der Auswahl für die Lektüre im Deutschunterricht stand. Wir hatten uns dann aber mehrheitlich für Dürrenmatts Der Richter und sein Henker entschieden. Seitdem steht die Schachnovelle noch auf meiner Klassikerliste der Schande. Nachdem ich den Film im Kino leider verpasste, freute ich mich umso mehr, dass er ins Cinemathekprogramm aufgenommen wurde. Ob meine Freude darüber berechtigt war, erfahrt ihr in meinem heutigen Beitrag.

Die Handlung

Dr. Josef Bartok (Oliver Masucci) ist ein angesehener Notar in Wien. Als die Nazis in Österreich die Macht übernehmen, wird es für ihn brenzlig, denn er verwaltet das Vermögen einiger adliger Österreicher. Bevor er flüchten kann, wird er von den Nazis in Gewahrsam genommen. Da er die Zugangsziffern zu den Konten verbrannt hat, wird er in die Sonderbehandlung geschickt, um ihn zu brachen und die Ziffern von ihm aus seinem Gedächtnis zu bekommen.

Meine Meinung

Bei dem Titel Schachnovelle denkt man natürlich zuerst an das Spiel, was hier auch eine große Rolle einnimmt. Aber es gibt noch ein wesentlich zentraleres Thema: Zeit. Und die vergeht in dem Film ganz unterschiedlich schnell. Denn die Sonderbehandlung ist nichts anderes als vollständige Isolation. Kein Zeitgefühl, ständiges Alleinsein, nichts, um sich abzulenken. Und so sind auch die Zuschauenden komplett allein mit Masucci und seinem Schauspiel des langsamen Verrücktwerdens.
Zunächst ist davon jedoch nichts zu spüren. Wir lernen Dr. Josef Bartok als gutgelaunten und gutbetuchten Mann kennen, seine Frau und seinen Umgang. Die Bedrohung durch Nazideutschland ist zwar da, wirkt aber völlig weit weg. Doch dann wendet sich das Blatt von einem auf den anderen Moment. Und nicht nur Bartok sitzt in seiner Sonderbehandlung, sondern eben auch wir Zusehenden mit ihm. Ab hier ist es ein ständiger Wechsel zwischen zwei Erzählsträngen, wobei die zeitliche Einordnung hier immer wieder durcheinander kommt, was aber beabsichtigt ist. Während dies am Anfang noch ganz gut funktioniert, dehnt sich die Zeit danach gefühlt immer weiter aus und gerade das letzte Drittel zieht sich dann immer mehr.
Das liegt vor allem daran, dass der Geisteszustand von Bartok immer weiter leidet und wir damit unsere Bezugsperson immer weiter verlieren, da die Erzählungen aus seiner Sicht immer unzuverlässiger werden. Gerettet wird der Film dennoch von Martuccis einmaligem Spiel, wo er wieder einmal beweist, dass er völlig in seiner Rolle aufgehen kann und auch das ansonsten schwierige Beinahe-Ein-Personen-Kammerspiel wunderbar meistern kann. Das Ganze wird zwar versucht durch die zweite Zeitebene aufzubrechen, doch auch da beginnt sich die Zeit zunehmend zu ziehen.
So ist die Schachnovelle schon eine gelungene Umsetzung des Stoffes, schafft es aber nicht völlig die sehr gleichbleibende Handlung darzustellen, ohne im letzten Drittel ein paar Längen auszulösen. Dennoch auch kein Film für schwache Nerven. 

Das Fazit

Schachnovelle bietet eine gute Umsetzung des Stoffes trotz kleiner Längen am Ende. Vor allem Oliver Masucci überzeugt hier einmal mehr durch sein wandelbares Spiel. Dafür gibt es 06 von 10 möglichen Punkten.

Tod auf dem Nil

Ein Vorwort

2017 wagte sich Kenneth Branagh an den berühmten Stoff auf der Feder von Agatha Christie und brachte uns eine wunderbare Neuverfilmung von Mord im Orient-Express. Im Gepäck hatte er die Creme de la Creme aus Hollywood. Bereits 2018 gab es dann Dreharbeiten zur Fortsetzung „Tod auf dem Nil“. Mehrere Faktoren unter anderem natürlich die Pandemie, sorgten dafür, dass der Film immer wieder verschoben wurde. Nun durfte er endlich auf der großen Leinwand einziehen. Konnte Branagh als Regisseur und Hauptdarsteller ein weiteres Mal überzeugen? Das erzählte ich euch in meinem heutigen Beitrag.

Die Handlung

Frisch verheiratet verbringen Linnet Ridgeway-Doyle (Gal Gadot) und Simon Doyle (Armie Hammer) ihre Flitterwochen in Ägypten. Mit dabei sind Familie, Freunde und Bekannte, die das reiche Paar eingeladen hat. Durch Zufall ist auch Hercule Poirot (Kenneth Branagh) mit dabei. Da die eifersüchtige Ex-Freundin Simons Jacqueline de Bellefort (Emma Mackey) sie auf Schritt und Tritt verfolgt, flüchten sie schließlich an Bord eines Nilschiffes. Doch nach einigen merkwürdigen Begebenheiten kommt es zu einem Mord. Ein neuer Fall für Hercule Poirot.

Meine Meinung

Ich bin ein großer Fan von der Poirot-Reihe Agatha Christies, habe es aber noch nicht geschafft die beiden wohl bekanntesten Fälle Mord im Orient Express und Tod auf dem Nil zu lesen. So wa ich jeweils auf die Verfilmungen gespannt und wusste vorher tatsächlich auch noch nicht, wer der*die Mörder*in war. Bereits der Trailer von Tod auf dem Nil konnte mich wieder vollständig mitreißen, wollte ich meine Erwartungen dennoch nicht zu hoch schrauben, da mir diese bei Mord im Orient-Express zum Verhängnis wurden.
Als der Film mitten im ersten Weltkrieg begann, dachte ich mir kurzzeitig im falschen Film, passte die Einordnung doch zeitlich nicht. Schnell wurde ich aufgeklärt, dass es sich um die Vorgeschichte Poirots handelt, um einige Äußerungen und Entscheidungen später besser nachvollziehen zu können. Ein Zeitsprung später lernen wir die ersten Charaktere kennen und bekommen praktisch noch einmal eine Art Vorgeschichte. Einen weiteren – wenn auch wesentlich kleineren – Zeitsprung später sind wir dann in Ägypten angekommen. Bis wir das Schiff erreichen, dauert es zwar immer noch etwas, aber hier erfolgt dann die Charaktervorstellung.
Diesmal bleibt auch erstaunlich lange offen, wer denn überhaupt ermordet wird. Das whodunnit setzt sehr spät ein und geht auch nicht über ein paar Gespräche hinaus. Das macht in diesem Fall aber auch gar nicht, weil allein die Charakterentwicklung vorab interessant ist und die Spannung hoch hält. Ständig hat man jemand Neues im Verdacht, um doch wieder auf eine neue Spur gebracht zu werden. Zwar hat sich letztlich mein Verdacht bestätigt – eventuell bin ich da ein bisschen stolz drauf, ich bin sonst echt schlecht im Mörder*innen erraten – aber das Wie war für mich wieder einmal absolut überraschend.
Schauspielerisch waren auch diesmal wieder einige bekannte Namen aus Hollywood dabei. Und dabei werden alle ihrem Ruf gerecht und liefern ab. Im großen und ganzen also wieder ein Film, der hält, was der Trailer verspricht und dabei besonders mit tollen Bildern verzaubert. Und auch wenn es hier um einen Mordfall ging, hat mir der Film einmal mehr Lust auf eine Nilkreuzfahrt gemacht.

Das Fazit

Tod auf dem Nil überzeugt trotz oder gerade wegem dem spätem whodunnit, mit gutem Schauspiel und eindrucksvollen Bildern. Branagh überzeugt einmal mehr als Poirot. Dafür gibt es 08 von 10 möglichen Punkten.

Tod auf dem Nil läuft seit dem 10.02.2022 in den deutschen Kinos

Der geheime Garten

Ein Vorwort

Neben der deutschen Produktion „Jim Knopf und die Wilde 13“ lief nun auch eine britische Kinderbuchverfilmung in den Kinos an. Pünktlich zum Kinostart hatte ich dann auch die Buchvorlage noch einmal gelesen, konnte ich mich doch an die Geschichte, die ich aus meiner Kindheit kannte, nicht mehr so richtig erinnern. Warum mir der Film gefiel und ein paar Anmerkungen zum Buch, erfahrt ihr in meiner Kritik.

Quelle

Die Handlung

Mary Lennox (Dixie Egerichs) entstammt einer britischen Familie, die in Indien lebt. Nach dem Tod der Eltern reist sie zu ihrem Onkel (Colin Firth) auf ein altes britisches Anwesen. Sie kann sich nur schwer an ihr neues Leben gewöhnen, bis sie den Schlüssel zu einem geheimen Garten findet.

Meine Meinung

Der geheime Garten versprach bereits im Trailer ein magisches Abenteuer zu werden. Und genau das hält der Film auch ein. Während man dem Anwesen ansieht, dass es mal bessere Tage hatte, erkennt man doch im Detail die Schönheit. Und sobald es an den Garten geht, der sich den Gefühlen und Hoffnungen der Kinder anpasst, kommt man aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Wie Mary möchte man am liebsten von links nach rechts rennen und alles erkunden. Auch der Kontrast zum heißen Indien und verregnetem Großbritannien wird wunderbar in Szene gesetzt. Ein Moor war wohl noch nie so reizvoll wie hier. 
Die Handlung wird relativ linear erzählt mit kleineren Rückblenden auf Marys Kindheit in Indien. Neben Marys Erkundungen im Haus und im Garten, verfolgt man noch das Geheimnis der zwei Schwestern, das Stück für Stück aufgelöst wird und so den Film stets spannend hält. Grundsätzlich gibt es gar nicht so viel Handlung, aber die wird in gesunden Portionen präsentiert, so dass es immer wieder neue Aspekte zu entdecken gibt. 
Mit Dixie Egerichs wurde eine gute Jungdarstellerin gefunden, die den Wandeln Marys von verwöhnter Göre zu lebensfrohem Mädchen wunderbar widerspiegelt. Auch die beiden Jungen an ihrer Seite Amir Wilson und Edan Hayhurst schlüpfen spielerisch in ihre Rollen und bringen einen die Charaktere näher. Sie müssen sich auf keinen Fall hinter den gestandenen Schauspielern Colin Firth und Julie Walters verstecken. 

Ein paar Worte zum Buch

Bei Buchverfilmungen ist es bekanntlich immer schwer den schmalen Grad zwischen spannenden eigenständigen Film und für Buchfans akkurat genug die Handlung zu entwickeln. Bei Der geheime Garten ist klar zu sagen, dass sich der Film eher dafür entschied sich nur an der groben Handlung und den Charakteren zu orientieren und ansonsten viel umzudichten, hinzuzufügen oder wegzulassen. Und auch wenn es im ersten Moment seltsam erscheint, ist doch klar die Filmfassung die magischere. Denn das Buch ist sehr nüchtern erzählt und die Magie findet nur in den Köpfen der Kinder statt. Auch ist der Garten eher klein und unspektakulär. Sich hiervon zu distanzieren und etwas einfach magisches zu schaffen, war schon eine gute Entscheidung. Die Geschichte mit den zwei Schwestern oder das große Ereignis am Ende einzufügen, war zwar schon ganz schön abweichend vom Buch, aber dadurch wird der Film wesentlich eigenständiger und bietet auch für Buchfans einiges Neues.

Das Fazit

Trotz oder gerade wegen des eher losen Bezugs zum Buch schafft es Der Geheime Garten eine durch und durch magische, schöne und spannende Geschichte zu erzählen. Mit vielen Geheimnissen zu erkunden und tollen Schauspielern wird das eher nüchterne Buch viel lebhafter. Dafür gibt es 07 von 10 möglichen Punkten.

Der geheime Garten läuft seit dem 15.10.2020 in den deutschen Kinos

Jim Knopf und die Wilde 13

Ein Vorwort

2018 lief bereits der erste Teil der Realverfilmung des Kinderbuchklassikers von Michael Ende in den deutschen Kinos. Obwohl er nicht so erfolgreich war, wie man es sich bei den hohen Produktionskosten wohl gewünscht hätte, kommt nun mit der Wilden 13 auch der zweite Teil ins Kino. Als Grund wird vor allem angeführt, dass die beiden Jungdarsteller Solomon Gordon und Leighanne Esperanzate sonst zu groß und zu alt wären für ihre Rollen und man eine Neubesetzung vermeiden wollte. Mir gefiel der erste Teil grundsätzlich, nur hat mir der besondere Funken und das gewisse Etwas meiner Kindheitserinnerung gefehlt. (Nachzulesen hier) Kann der zweite Teil den ersten nun toppen und die Geschichte der Lummerländer zu einem guten Ende bringen?

Quelle

Die Handlung

Als der Postbote (Volker Michalowski) erneut gegen die Küste von Lummerland stößt, stellt König Alfons (Uwe Ochsenknecht) fest, dass sie dringend einen Leuchtturm brauchen. Doch dafür ist auf der kleinen Insel einfach kein Platz. Also beschließen Lukas (Henning Baum) und Jim Knopf (Solomon Gordon) Herrn Tur Tur (Milan Peschel), den Scheinriesen, zu fragen. Also brechen sie zu einem neuen Abenteuer auf. Doch noch immer beschäftigt Jim die Frage seiner Herkunft. Die Antwort erhofft er sich vom goldenen Drachen der Weisheit, der bald erwachen soll. Dieser schickt ihn aber zu einem weiteren Abenteuer los, denn nur die Wilde 13, eine Bande von Piraten, die ihn einst aussetzte, hat die Antwort für ihn.

Meine Meinung

Es geht wieder los. Auch das zweite Abenteuer der Lummerländer Lukas und Jim Knopf steckt wieder voller neuer Welten, alten Bekannten und vor allem voller Gefahren. Dabei setzt der Film, wie schon der erste Teil wieder sehr stark auf eine herausragende Optik. Ob nun Lummerland, Mandala oder diesmal auch das „Land, das nicht sein darf“. Während man den beiden auftauchenden Drachen das CGI noch ansieht, wirkt der Rest in guter alter Handarbeit hergestellt. Auch schauspielerisch braucht sich der zweite Teil keinesfalls hinter dem ersten zu verstecken. Gerade Rick Kavanian als die Wilde 13 kann in seiner mehrfach Rolle durchaus punkten und verschafft dem Film einen richtigen Mehrwert. 
Handlungstechnisch hält er sich fast noch penibler an die Buchvorlage als schon der erste Teil, was aber auch hier sehr gut funktioniert. Kleinere Änderungen sind auch für eingefleischte Buchfans verzeihbar. Lediglich das Auslassen der Reise durch die Stadt der Meermenschen hinterlässt einen kleinen Wermutstropfen. Da die wichtigsten Charaktere diesmal auch bereits vorgestellt waren, konnte das Abenteuer wesentlich schneller voranschreiten und das Hauptaugenmerk lag diesmal auf dem großen Finale. Hier war der Drahtseilakt zwischen realistischer Darstellung und Kindertauglichkeit gefragt, was sehr gut umgesetzt wurde. Wir kriegen also unseren Piratenkampf und doch mit möglichst geringem Gewaltakt. Die Freigabe ab 0 Jahren ist also durchaus berechtigt.
Ein Problem des ersten Teil war es, dass die Witze nicht so richtig fruchteten. Dies ist beim zweiten Teil ein bisschen umschifft worden, da er wesentlich weniger auf Humor angelegt war, aber die lockeren Passagen durchaus zum lachen ermuntern. So ist eine eher heitere Stimmung angesetzt, durchsetzt von ein paar spannenderen Stellen – wie gesagt: trotzdem sehr kinderfreundlich. Während das durchgehende Theme im ersten Teil noch „Eine Insel mit zwei Bergen“ war, wird dies auch hier weiterentwickelt und dem Lied der Wilden 13 „13 Kerle auf dem Totensarg“ angepasst. Leider lief das Lied nie in voller Länge, nicht einmal im Abspann. Das hat mich dann doch geärgert, weil es durchaus Ohrwurmcharakter hat. 
Jim Knopf und die Wilde 13 kann also nicht nur als Fortsetzung überzeugen, sondern auch in seiner Gesamtheit. Die Stolpersteine des ersten Teils wurden überwunden und die Gesamtstimmung verbessert. Lediglich Nepomuk ist immer noch zu sehr Sprecher Michael Bully Herbig angepasst und weniger dem eigentlichen Charakter. Aber auch damit kann man sich arrangieren. So ist es nun also die bildgewalige Umsetzung, die das Buch Endes verdient hat. Ich konnte mich zumindest in meine Kindheit zurückversetzt fühlen.

Das Fazit

Jim Knopf und die Wilde 13 punktet wieder durch eine bildgewaltige Optik, gute Schauspielleistungen – vor allem Solomon Gordon hat hier zugelegt – und eine gute Grundstimmung. Kleine Stolpersteine werden überspielt und dafür gibt es 07 von 10 möglichen Punkten.

Jim Knopf und die Wilde 13 läuft seit dem 01.10.2020 in den deutschen Kinos 

Artemis Fowl

Ein Vorwort

Acht Bände der Artemis Fowl-Reihe aus der Feder von Eoin Colfer sind zwischen 2001 und 2012 erschienen. Die beliebte Kinderbuchreihe ist dabei international sehr beliebt und erhielt sogar den deutschen Bücherpreis. Das es überhaupt so lange bis zu einer Verfilmung gedauert hat, ist erstaunlich. Doch dann erbarmte sich Disney endlich zur Freude der Buchfans und kündigte die Verfilmung an. Der erste Trailer wurde jedoch bereits mit gemischten Gefühlen aufgenommen und durch die ganzen Verschiebungen der letzten Zeit wurde der Film nun schließlich auf Disney+ „verbannt“. Warum der Film jedoch nicht nur ein Opfer seiner Umstände, sondern auch wirklich nicht gut ist, erfahrt ihr in meiner Kritik. 

PS: Ich habe die Bücher übrigens nicht gelesen, kann mich hier also nur auf den Film beziehen.

Die Handlung

Artemis Fowl II (Ferdia Shaw) ist ein kleiner Überflieger, was ihn in der Schule nicht gerade beliebt macht. Er sieht sich als Intelligenter als alle anderen an, mit Ausnahme seines Vaters, ebenfalls mit Namen Artemis Fowl (Colin Farrell). Dieser lehrte ihn seit seiner Kindheit die Märchen und Legenden Irlands, wo die Fowls ein großes Anwesen bewohnen. Doch als sein Vater von einem mythischen Wesen entführt wird, muss Artemis erkennen, dass mehr an den Märchen dran ist, als er für möglich hielt. Zusammen mit seinem Butler, dessen Nichte und einer gefangenen Elfe muss Artemis jedoch erst das Anwesen der Fowls vor den Elfen verteidigen.

Meine Meinung

Kenneth Branagh als Regisseur (Thor, Cinderella, Mord im Orient-Express) erschien mir grundsätzlich erst einmal als eine gute Wahl um die Bücherreihe zu verfilmen. Als dann auch noch die Castingliste veröffentlicht wurde und neben Namen wie Josh Gad und Colin Farrell auch noch Dame Judy Dench auftauchte, war ich mir sicher, dass der Film gar nicht so schlecht werden könnte. Leider ist spätestens seit dem Fiasko von Cats – ebenfalls mit Judy Dench – eine gute Castingliste wohl kein Garant mehr für einen guten Film. Denn hier wird so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. 
Fangen wir zunächst an mit der Erzählstruktur. Im Prinzip wird hier das Ende vorweggenommen, dann Josh Gads Charakter Mulch Diggums wird festgenommen und darf nun auf der Polizeistation seine Geschichte erzählen. Allerdings erzählt er eher die Geschichte von Artemis Fowl, zu der er selbst erst später hinzustößt. Obwohl sich die beiden im Film am gleichen Tag erst kennenlernten, kennt Mulch natürlich die ganze Familiengeschichte der Fowls. Selbst wenn wir diesen Fakt ignorieren, so wird hier dann doch die gesamte Vorgeschichte in wenigen Szenen abgearbeitet und auf einmal soll man sich mit den Charakteren im Hause Fowl verbunden fühlen. Dann werden wirr ein paar Begebenheiten in der „realen“ Welt und in der Elfenwelt erzählt, die absolut unzusammenhängend wirken. Weiter geht es mit der eigentlichen Handlung, die wie ein wirres Puzzle aus Szenen wirkt, die irgendwie zu einem Kampf im Anwesen der Fowls führt. Und schwupp ist der Film auch schon wieder vorbei. Nur leider wissen wir immer noch herzlich wenig über die Welt oder die Charaktere, so dass einen auch Einzelschicksale sehr unberührt lassen. 
Kommen wir also zum nächsten großen Problem. Dem Worldbuilding/Weltenbau. Bzw. dem nicht vorhandenen. Grundsätzlich will uns der Film erklären, dass es neben/unter/irgendwo halt der uns bekannten Welt auch noch die „magische“ Welt gibt, in der all die Märchen- und Legendengestalten der irischen Sagen leben. Hier im Film lernt man erst einmal nur die Elfenwelt kennen und auch die nicht wirklich. Denn während der Film noch die Vorgeschichte der Fowls mit ein paar wenigen Szenen versucht zu erklären, hören hier die Erklärungen leider wieder auf. Der Zuschauer wird hier also vor eine neue Welt gesetzt, ohne das diese genauer erklärt wird. Es gibt irgendein magisches Artefakt, das mehrere Seiten aus irgendeinem Grund brauchen/wollen, die Elfen scheinen irgendwo unter unseren Vulkanen zu leben, deren Welt scheint auch technisch viel weiterentwickelt als unsere, aber mehr erfahren wir einfach nicht. Irgendwie haben sie Zwerge und Kobolde gefangen, aus irgendeinem Grund lebt ein Zentaur unter ihnen, aber was es damit auf sich hat, wird einfach nicht erklärt. Ihr merkt schon, dass mich sowas wahnsinnig macht. 
Und weil das alles noch nicht reicht, möchte ich nun noch über die wahnsinnig schlecht geschriebenen und eindimensionalen Charaktere sprechen. Fangen wir ganz vorne an bei Artemis Fowl. Hier ist es tatsächlich egal, welchen von beiden wir uns vornehmen, aber da Colin Farrell vergleichsweise wenig Screentime hat, bleiben wir beim jungen Artemis. Mit Ferdia Shaw wurde ein Nachwuchsschauspieler gefunden, der zwar rein optisch super zur Rolle zu passen scheint, allerdings auch mit absolut keiner Filmerfahrung punkten kann. Was grundsätzlich nicht schlimm sein muss, funktioniert hier leider absolut nicht, da Shaw es nicht schafft seinen einen Gesichtsausdruck zu verändern, egal ob es dramatische Szene ist, es bleibt der arrogante Ausdruck. Allerdings wurde sein Charakter auch nur auf diese eine Eigenschaft reduziert. Ebenso verhält es sich beim übrigen Cast. Die Charaktere sind so eindimensional, dass es selbst eine Judy Dench nicht schafft, ihrem Charakter irgendetwas was man auch nur ansatzweise Tiefe nennen kann, zu geben. 
Ich merke schon, dass dieser Beitrag etwas ausschweifend wird, aber ich muss mit euch noch kurz über die Handlung sprechen. Ein paar Punkte habe ich bereits beim ersten Punkt (Erzählstruktur) angesprochen. Doch ich möchte noch kurz darauf zu sprechen kommen, dass der gesamte Film mit einer Lauflänge von 96 Minuten (inkl. Abspann) geplant wurde. Und dennoch findet der Film Zeit Szenen einzubauen, die absolut keine Bedeutung für den späteren Verlauf haben. Diese Zeit hätte man gut nutzen können, um beispielsweise etwas mehr von der Welt oder zu den Charakteren erklären zu können. 
Schließlich bleibt Artemis Fowl ein lebloser Film. Wirre Szenen ohne wirklichen Zusammenhang mit einem stark inszenierten finalen Kampf wechseln sich ab mit belanglosen Dialogen. Letztlich scheint der Film daraufhin zu arbeiten, dass es mehrere Teile geben wird, aber dafür hätte man sich bereits beim ersten deutlich mehr Mühe geben müssen. Denn auch für Kinder dürfte der Film keinen wirklichen Mehrwert bieten, dafür gibt es zu wenig lustige Szenen und auch die Geschichte selbst dürfte für Kinder zu wirr erzählt worden sein. 
Dennoch möchte ich mit einem positiven Aspekt enden. Die gezeigten Bilder waren wirklich inszeniert, auch wenn man ihnen das überbordende CGI deutlich ansah. Und die Kostüme waren ganz hübsch. Nun, vielleicht gebe ich den Büchern noch eine Chance, da mich das Thema grundsätzlich doch ein bisschen interessiert. 

Das Fazit

Artemis Fowl macht bei Handlung, Erzählstruktur, Charakteren und dem Weltenbau so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann, zumal der Film auch nicht wirklich auf den Punkt kommt, was er denn nun erzählen möchte. Leider daher ein Flop, dem wohl keine weiteren Filme folgen werden. 

Artemis Fowl ist seit dem 14.08.2020 auf Disney+ abrufbar

The Green Mile – Buch & Film

Ein Vorwort

Das Stephen King Verfilmungen nicht immer funktionieren zeigte zuletzt das Friedhof der Kuscheltiere Remake. Das sie aber auch durchaus funktionieren können, dürften die Verurteilten bewiesen haben – auch wenn ich die Buchvorlage dazu bisher noch nicht gelesen habe. Nun kannte ich The Green Mile bereits als Film, aber noch nicht als Buch. Dies habe ich nun nachgeholt und will hier einmal beide Medien gegenüberstellen.

Die Handlung

Paul Edgecombe arbeitet im Gefängnisblock E von Cold Mountain, in dem sich der elektrische Stuhl befindet. 1932 kommt John Coffey in diesen Block. Er soll zwei Mädchen vergewaltigt und getötet haben. Doch von Anfang an kommt Paul die Sache komisch vor. Doch er hat größere Probleme. Etwa den bösartigen Wärter Percy Wetmore, der alle durch seine Beziehungen nach Washington in Schach hält. Oder auch Billy Wharton, den verrückten und bösartigen Insassen. Doch mit Coffeys Erscheinen passieren ein paar merkwürdige Sachen.

Meine Meinung zum Buch

Stephen King startete mit The Green Mile das Experiment einen Fortsetzungsroman zu schreiben. Und so ist das Buch in sechs Teile unterteilt, die ursprünglich nacheinander veröffentlicht wurden. So gibt es zwar immer noch einen roten Faden, der alles verbindet, dennoch stehen die Geschichten auch gut für sich. Dabei sind die Geschichten nicht chronologisch geordnet, dem Leser wird aber immer wieder vermittelt an welcher Stelle der Gesamthandlung man sich befindet.
King selbst schreibt in seinem Vorwort, dass er eigentlich gar keine Zeit hatte, um richtig für den Roman zu recherchieren und entschuldigt sich im Nachwort wegen ein paar historischer Ungenauigkeiten. Dennoch hat er wohl die Atmosphäre eines Todesblocks gut eingefangen. Die Abläufe, die Gedanken und auch die Insassen könnte es wohl wirklich so gegeben haben – außer vielleicht John Coffey.
Die Geschichte orientiert sich im Rahmen daran, dass Paul Edgecombe im hohen Alter seine Erinnerungen an eben jene Zeit nieder schreibt. So hat King immer wieder einen Anfang für die einzelnen Bücher. Die Geschichten unterscheiden sich in ihrer Spannung, lassen sich aber alle gut weglesen. Denn trotz der bedrückenden Stimmung eines Todestrakts, schafft King es interessante, wenn auch teilweise sehr bösartige, Charaktere zu schaffen und mit ihnen fantastische Geschichten zu kreieren.

Meine Meinung zum Film

Regisseur und Drehbuchautor Frank Darabont hatte bereits Kings Kurzgeschichte Die Verurteilten verfilmt. Fünf Jahre später widmete er sich seinem nächsten Projekt. Mit The Green Mile hatte er sich erneut ein King Werk, das in einem Gefängnisblock spielt, ausgesucht. Prominent besetzt mit Tom Hanks, der Paul Edgecombe spielt, hatte der Film also beste Voraussetzungen. Seine große Stärke ist es wohl, dass er sich eng an die Buchvorlage hält. Die größten Änderungen dürften sein, dass der Film die Bücher in der veröffentlichten Reihenfolge erzählt, aber so tut, als wären diese chronologisch erzählt. Auch große Teile der Geschichte um den alten Paul im Altenheim wurden weggelassen, z. B. den tyrannischen Pfleger Brad Dolan, der Pauls Erinnerungen an Percy Wetmore stärkt. Diese Änderungen verändern jedoch nicht den Charakter der Geschichte.
Mit 181 Minuten ist The Green Mile sehr lang geworden, dadurch konnte aber auch jede Geschichte auserzählt werden, ohne irgendetwas streichen zu müssen. Die Spannung wird trotzdem durchgehend hoch gehalten. Auch die weiteren Rollen sind gut besetzt. Selbst Szenen, die eigentlich nur mit der Gedankenwelt Pauls funktionieren dürften, werden durch kleine Ausschmückungen so umgesetzt, dass man auch ohne gelesene Buchvorlage alles versteht. So kriegt man durch den Film einen guten Überblick über die Geschichte. Richtig rund wird es allerdings trotzdem erst im Buch durch die erläuternden Gedanken.

Das Fazit

Egal, ob als Buch oder als Film, The Green Mile funktioniert durch seine fantastischen Geschichten in beiden Medien und vermittelt so einen Einblick in einen Todestrakt in den 1930er Jahren und spielt mit den Motiven von Gut und Böse.

Ruf der Wildnis

Ein Vorwort

Bereits 1903 erschien Jack Londons Buch über den Hund Buck, der im hohen Norden Alaskas den Ruf der Wildnis hört. Ich habe das Buch nicht gelesen, aber dem vernehmen nach, soll es sehr rau und brutal sein, kurzum sehr schonungslos. Der Film ist all das nicht. Ob das Konzept des Films aufgeht und ob der CGI Hund wirklich so missraten ist, wie viele behaupten, erfahrt ihr in meiner Kritik.

Die Handlung

Buck ist ein ziemlich großer Hund, der ein sehr beschauliches Leben in Kalifornien führt. Doch gerät er in die Hände von Hundefängern, die ihn in Zeiten des Goldrausches nach Alaska bringen. Dort arbeitet er zunächst als Schlittenhund. Doch die Wildnis ruft nach ihm.

Meine Meinung

Wie nah sich der Film an die Buchvorlage hält, kann ich nicht beurteilen. Viele werfen dem Film vor sehr weich gespült zu sein. Dem kann ich vom Grundsatz her zustimmen, doch wenn man mit keiner anderen Erwartungshaltung an den Film herangeht, ist das in erster Linie nicht störend.
Problematisch sind wohl die ersten Szenen, die Buck sehr cartoonhaft vorstellen und ziemlich überzeichnet sind. Dies ändert sich, wenn Buck in Alaska landet. Zwar merkt man auch hier noch an einigen Stellen, dass Mensch oder Tier viel zu schnell nachgeben, aber es bleibt dann doch halbwegs realistisch.
Regisseur Chris Sanders inszeniert Londons Buch hier eindeutig als Kinderfilm. Zwar müssen Buck und seine Freunde einige Herausforderungen meistern und geraten in allerhand Gefahren, aber immer so, dass es trotzdem auch von den jüngeren Kindern geschaut werden kann, was die FSK ab 6 Kennzeichnung erklärt. Hierzu gehört eben auch, dass die Tiere mit vergleichsweise viel Mimik animiert wurden. Der Vergleich mit Jon Favreaus König der Löwen liegt hier nahe. Dort waren die Tiere sehr hochwertig animiert, und vor allem sehr lebensnah. Dadurch ging jedoch beinahe vollkommen die Emotionalität des Films verloren. Buck und seinen Freunden sieht man an, dass sie animiert wurden. Der Vorteil ist, abgesehen einmal vom Tierschutz, was grundsätzlich für CGI Tiere spricht, dass dadurch Mimik und Gestik so eingesetzt werden kann, dass eben auch Kinder alle Gefühle und Botschaften verstehen. Theoretisch hätte der Hund aber auch sprechen können, dass hätte auch keinen großen Unterschied mehr gemacht.
Stattdessen haben wir Harrison Ford als Erzähler. Er erzählt die Geschichte von Buck, selbst als die beiden noch nicht aufeinander getroffen sind. Auch hier wird der Zuschauer noch einmal an die Hand genommen, um das erzählte noch einmal zu verstärken. Für einen Kinderfilm nicht unbedingt falsch, der Film entfernt sich so aber immer mehr vom Erwachsenenfilm.
Letztlich bleibt Ruf der Wildnis in dieser Form eine schöne Geschichte mit tollen Landschaftsaufnahmen und einen Hund als Protagonisten, der einen mitleiden lässt. Der Witz im Film ist sehr pointiert und lässt die Kinder immer bei der Stange bleiben. Ob es die Geschichte gebraucht hätte, daraus einen Kinderfilm zu machen, ist eine ganz andere Frage. Gelungen ist es auf jeden Fall. Und daran ändert auch kein cartoonhafter Bösewicht, der mehr schlecht als recht in den Film passt.

Das Fazit

Ruf der Wildnis dürfte viele Buchleser verärgern, schafft es ansonsten aber einen schönen Kinderfilm zu produzieren, mit tollen Landschaftsaufnahmen, spannender und emotionaler Geschichte. Dafür gibt es 06 von 10 möglichen Punkten.

Ruf der Wildnis läuft seit dem 20.02.2020 in den deutschen Kinos.

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

Ein Vorwort

Caroline Link präsentierte uns bereits letztes Jahr zu Weihnachten die Geschichte eines harten Kinderschicksals. In „Der Junge muss an die frische Luft“ erzählte sie die Geschichte der Kindheit von Hape Kerkeling, nach dessen gleichnamigen Roman. Dieses Jahr nahm sich die Regisseurin das autobiografische Buch von Judith Kerr vor, die von ihrer Kindheit während der Nazizeit und der Flucht vor eben denen berichtete. Was „Als Hitler das Rosa Kaninchen stahl“ nun zu erzählen hat, erfahrt ihr in meiner Kritik.

Die Handlung

1933. Annas Vater Arthur Kemper ein jüdischer Journalist muss vor der Wahl aus dem Land fliehen, da er den Nazis ein Dorn im Auge ist. Anna kommt kurz darauf mit ihrer Mutter und ihrem Bruder nach. Die Familie sucht zunächst in Zürich Unterschlupf und muss später weiter nach Paris und nach London fliehen. Dabei musste die Familie fast alles zurücklassen, auch Annas geliebtes rosa Kaninchen.

Meine Meinung

Das Caroline Link ein gutes Händchen für das Casting von Jungdarstellern hat, bewies sie bereits mit Julius Weckauf als jungen Hape Kerkeling. Auch in ihrem neuen Film hat sie es geschafft mit Riva Krymalowski und Marinus Hohmann zwei gute Jungdarsteller zu finden, die den schmalen Grad zwischen dem jugendlichen Leichtsinn und der Last der Flucht gut ausbalancieren und es in ihrem Alter schon verstehen, zwar reduziert zu spielen, aber trotzdem eine Menge Emotionen zu vermitteln.
Wirklich aufregend wird die Handlung an keiner Stelle. Wer also mit spannenden Fluchtszenen gerechnet hat, der wird hier wohl enttäuscht. Auch hat der Titel bis auf drei kurze Szenen wenig mit dem Titel zu tun. Gerade hierüber war beispielsweise meine beste Freundin sehr enttäuscht, die sich auf wilde Gute-Nacht-Geschichten gefreut hatte, in dem ein gezeichneter böser Hitler das arme rosa Kaninchen stahl. Als sowas sucht man in diesem Film vergeblich. Stattdessen bleibt die Erzählung an Anna dran, die sich regelmäßig in neuen Situationen wiederfindet, die ihr zuwider sind, oder die sie schlicht nicht nachvollziehen kann. Auch bleibt das regelmäßige Sprache lernen und wieder nichts verstehen den Kindern nicht erspart.
Hier ist vor allem spannend zu entdecken, wie das Thema Nazis und Hitler und dessen Machtergreifung mit den Auswirkungen auf die Bevölkerung zwar allgegenwärtig sind, aber tatsächlich eher über die Gespräche der Erwachsenen transportiert wird. Für die beiden Kinder ist es eher ein Herausreißen aus dem gewohnten Leben und ein Abschiednehmen aus der Heimat. Wie unterschiedlich auch beide damit umgehen und mit welchen Problemen und Sorgen sie sich herumschlagen, all das beleuchtet der Film ganz genau. Vielleicht ist er gerade durch die Unaufgeregtheit und die ruhige reduzierte Erzählweise eines der ehrlichsten Alltagsbilder aus eben jener Zeit.
Getragen wird der Film von einer hochmotivierten Riva Krymalowski als Anna, die mit ihrem nie enden wollenden Enthusiasmus den Zuschauer in den Bann ziehen kann. Gerade die transportierte kindliche Unbeschwertheit, trotz der vielen Sorgen der Familie, machen den Film aus. Gerade die Sympathien mit der Familie sorgen dafür, dass der langsam erzählte Stoff an keiner Stelle zäh wirkt.

Das Fazit

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl ist ein ruhig, aber ehrlich erzählter Film über die Nazizeit aus der Sicht eines jungen Mädchens. Dabei ist er nie wirklich spannend, aber wird durch die sympathische Familie getragen. Dafür gibt es 07 von 10 möglichen Punkten.

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl läuft seit dem 26.12.2019 in den deutschen Kinos.